Wenn ein Unternehmen an die Börse geht, dann spricht man auch von einem Initial Public Offering (engl. für Initiales öffentliches Angebot) bzw. kurz IPO. Ein IPO ist dabei aber nichts, was ein Unternehmen mal einfach schnell machen kann, denn dafür wird sehr viel Vorbereitungszeit benötigt. Wie lange ein IPO im Durchschnitt dauert und ob es sich eigentlich lohnt in solche Aktien zu investieren, erkläre ich dir in diesem Artikel.
Ein Initial Public Offering (kurz IPO) dauert in der Regel zwischen zehn bis zwölf Monaten. Das berücksichtigt die Zeit vom Start des Prozesses bis hin zum Emissionstag. Am meisten Zeit wird dabei für die Konzeptionierung und Vorbereitung des IPOs benötigt, was allein 5 bis 6 Monate dauern kann.
IPOs sind also nichts, was Unternehmen einmal schnell umsetzen können, denn sie benötigen eine lange Vorbereitung. Warum der gesamte Prozess aber so lang dauert und was dabei passiert, erkläre ich im nächsten Abschnitt.
Warum dauert ein IPO so lange?
Bevor wir in die Details gehen, möchte ich nur ein was ganz wichtiges zu Beginn klären. Die folgende Darstellung des IPO Prozesses bezieht sich auf ein klassisches Initial Public Offering und nicht auf ein IPO mithilfe eines Special Purpose Aquisition Vehicles (kurz SPAC). Nachdem das nun klargestellt ist, folgen nun die Details.
Ein IPO lässt sich grundsätzlich in 3 Phasen einteilen: Der Konzeptionsphase, der Umsetzungsphase und der Platzierungsphase. In jeder Phase fallen unterschiedliche Prozesse an und entsprechend fällt jeder Phase auch unterschiedlich lang oder kurz aus.
Die Konzeptionsphase (ca. 5 bis 6 Monate)
Die Konzeptionsphase ist dafür gedacht ein Unternehmen „börsenreif“ zu machen. Damit ist gemeint, dass alle juristischen Vorkehrungen getroffen werden, um eine IPO überhaupt zu ermöglichen.
Darunter kann man sich also vorstellen, dass die Rechtsform des Unternehmens von zum Beispiel einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umgeändert wird, die Satzung angepasst wird oder das ein Aufsichtsrat ins Leben gerufen wird.
Sobald das Unternehmen, zumindest rechtlich betrachtet, für einen Börsengang vorbereitet ist, wird mithilfe einer Investmentbank ein umfassendes IPO-Konzept entworfen. Dieses Konzept enthält einen genauen Zeitplan für die IPO und alle Maßnahmen, die bis dahin noch umgesetzt werden sollen aber es enthält auch einen genauen Einblick in das Unternehmen für Investoren, damit diese über die Chancen und Risiken, die mit dem Unternehmen verbunden sind, Bescheid wissen.
Ist all das umgesetzt, dann ist der letzte Schritt der Konzeptionsphase, dass bei der entsprechenden Zulassungsbehörde ein Börsenzulassungsantrag gestellt wird und auf der Hauptversammlung die Zustimmung der Aktionäre eingeholt wird.
Der gesamte Prozess in dieser Phase dauert circa fünf bis sechs Monate.
Die Umsetzungsphase (ca. 4 bis 5 Monate)
In der Umsetzungsphase wird das sogenannte Wertpapierprospekt erstellt, dass alle wichtigen Informationen zum Unternehmen für zukünftige Investoren enthält.
Dazu wird eine Gruppe aus Investmentbanken, Anwälten und Wirtschaftsprüfern gebildet, die eine sogenannte Due Dilligence durchführen. Darunter ist eine genaue Prüfung des Unternehmens durch unabhängige Dritte gemeint, auf deren Einschätzung dann das finale Wertpapierprospekt beruht.
Ist das Wertpapierprospekt erstellt, bringt das Management bei einer Hauptversammlung einen Antrag auf die, für die IPO notwendige, Kapitalerhöhung ein und ist diese beschlossen, geht das Unternehmen in die letzte Phase über.
Der gesamte Prozess in dieser Phase dauert circa vier bis fünf Monate.
Die Platzierungsphase (ca. 1 Monat)
Die Platzierungsphase ist die letzte Phase eines IPOs. Dabei werden die Aktien des Unternehmens offiziell anderen Investoren angeboten und schlussendlich am Emissionstag verkauft.
Nicht jeder Börsengang ist immer so groß, dass jeder Investor darüber Bescheid weiß. Entsprechend müssen Unternehmen ihre Aktien bei den Investoren aktiv bewerben. Das tun sie indem sie eine sogenannte Road Show starten.
Damit ist gemeint, dass sich das Management des Unternehmens unterschiedlichen Investoren durch Präsentationen und Interviews genau vorstellt und aktiv für die Aktien ihres Unternehmens werben.
Je nachdem wie nachgefragt die Aktien bei den Investoren sind, wird dann schlussendlich der finale Aktienpreis festgelegt und es erfolgt die offizielle Notierung an der Börse inklusive erstem Handelstag.
Der gesamte Prozess in dieser Phase dauert circa einen Monat.
Kann jedes Unternehmen an die Börse gehen?
In Deutschland kann grundsätzlich jedes Unternehmen an die Börse gehen, dass die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) besitzt. Allerdings müssen für einen Börsengang verschiedene Mindestanforderungen erfüllt werden je nach Börsensegment, indem das Unternehmen gelistet werden möchte.
In meinem Artikel „Kann jedes Unternehmen an die Börse gehen?“ bin ich sehr genau auf diese Frage eingegangen und erkläre dort auch was die verschiedenen Anforderungen für jedes Börsensegment sind. Lest euch den Artikel also unbedingt durch, wenn ihr alle Details darüber erfahren wollt.
Für alle anderen hier eine kurze Zusammenfassung. Im „einfachsten“ Börsensegment, dem „Open Market“, muss ein Unternehmen lediglich einen Antrag zum Börsenhandel stellen und sich verpflichten wichtige Geschäftsvorfälle zu melden. Das war es dann auch schon, um in diesem Börsensegment gehandelt zu werden allerdings sind solche Aktien aufgrund mangelnder Transparenz nicht wirklich geeignet für private oder institutionelle Investoren
Um stattdessen am regulierten Markt gehandelt zu werden, muss ein Unternehmen viel mehr Anforderungen erfüllen. Allein die Mindestanforderungen umfassen dabei zahlreiche Kriterien wie z.B.:
- Das Unternehmen muss mindestens bereits drei Jahre als Unternehmen existieren
- Das Eigenkapital des Unternehmens muss mindestens 1,25 Millionen Euro betragen
- Das Unternehmen muss jährlich einen Jahresbericht veröffentlichen und mindestens einen Zwischenbericht während des Jahres
Erfüllt eine Aktiengesellschaft all diese und noch weitere Anforderungen, kann es sich zum Handel am regulierten Markt anmelden lassen bzw. einen Börsengang vornehmen. An sich können Unternehmen auch an verschiedenen Börsen gelistet sein. Warum einige Unternehmen das auch machen, erkläre ich euch hier.
Lohnen sich IPOs zum Investieren?
IPOs werden unter Privatinvestoren immer wieder gern empfohlen, weil man damit doch schließlich beim nächsten Amazon oder beim nächsten Facebook schon von Anfang an dabei sein könnte, aber ist das wirklich eine so gute Idee?
In meinem Artikel „Kann man mit IPOs Geld verdienen?“ habe ich deshalb über 1.000 IPOs der letzten 20 Jahre analysiert und geschaut wie viel Rendite man damit erzielen konnte. Für alle, die es genau wissen möchten, empfehle ich den Artikel und für alle anderen hier die wichtigsten Erkenntnisse.
In der folgenden Tabelle könnt ihr sehen wie viel Rendite ihr im Durchschnitt bis heute mit den IPOs verdient hätten, je nachdem wann ihr in die IPO Aktien eingestiegen wärt. Im Vergleich dazu habe ich auch geschaut, was ein Investment in den S&P 500 jeweils immer an Rendite erzielt hätte.
Wann wurden die Aktien bzw. der S&P 500 Index gekauft | ⌀ Rendite von IPO Aktien bis heute | ⌀ Rendite des S&P 500 Index bis heute |
---|---|---|
Am Tag der IPO | 215,2% | 167,8% |
Einen Tag nach der IPO | 213,9% | 167,6% |
Eine Woche nach der IPO | 224,4% | 167,3% |
Einen Monat nach der IPO | 209,6% | 165,5% |
Ein Jahr nach der IPO | 185,4% | 140,4% |
In den letzten 20 Jahren haben IPO Aktien eine im Durchschnitt deutlich höhere Rendite als der S&P 500 Index erzielt. Während IPO Aktien in diesem Zeitraum im Durchschnitt eine Rendite von 215,2% seit IPO erzielt haben, konnte der S&P 500 Index lediglich 167,8% erzielen.
Anhand der oberen Daten könnte man jetzt meinen, dass jeder IPO Aktien eine Woche nach der IPO kaufen sollte, weil man dann schließlich viel mehr Rendite als der breite Markt erzielen würde, aber ist das wirklich so eine gute Idee?
Meine Analyse enthält insgesamt 1.063 IPOs, die im Zeitraum von 2000 bis 2020 stattfanden und von all diesen IPOs legten lediglich 62% im Wert zu und lediglich 29% davon konnten den Markt im selben Zeitraum schlagen.
Das heißt, dass die Überrendite von IPO Aktien gegenüber dem breiten Markt nur von ganz wenigen Aktien wie zum Beispiel Tesla (+ 25.000%) oder Shopify (+5.800%) getragen wird.
Würde man von den 1.063 IPOs die besten 1% aus der Analyse entfernen, dann wäre die durchschnittliche Gesamtrendite aber schon geringer als die Marktrendite.
Wenn ihr also genau die eine wichtige IPO verpasst, dann kann das schon ausreichen, um eure gesamte durchschnittliche Rendite schlechter werden zu lassen als die des S&P 500 Index.
Das müsst ihr natürlich selbst einschätzen, wie gut ihr das nächste Amazon oder Facebook frühzeitig erkennen könnt aber für mich heißt das eher, dass man von IPOs lieber die Finger lassen sollte.