Was sind ADR Aktien?


Titelbild ADR Aktien

Vielleicht ist es euch auch schon einmal aufgefallen, dass manche Aktien an den Börsen den Zusatz „ADR“ aufweisen, aber ich habe das Gefühl, dass gar nicht so vielen klar ist, um was es sich dabei handelt und warum solche ADR Aktien nicht wirklich Aktien sind. Ich dachte mir deshalb, dass es sinnvoll wäre das Thema ein wenig genauer anzuschauen.

Bei ADRs (American Depository Receipts) handelt es sich um Zertifikate, die Rechte an einer Aktie verbriefen und stellvertretend für diese Aktie an US-Börsen gehandelt werden. Sie werden von US-amerikanischen Banken herausgegeben, die die zugrunde liegende Originalaktie in Verwahrung genommen haben.

D.h. also, dass ADR Aktien überhaupt keine Aktien sind, sondern Zertifikate, die einem ein Recht an der zugrundeliegenden Aktie geben. Die Herausgeber dieser ADRs sind in aller Regel US Banken und diese können auch darüber entscheiden in welchem Verhältnis Zertifikate und Aktien zueinander ausgegeben werden. Häufig besteht eine eins-zu-eins Beziehung zwischen beiden. Also ein Zertifikat repräsentiert eine Aktie, aber das muss nicht immer sein. Gerade bei höherpreisigen Aktien entscheidet man sich auch dafür, dass ein ADR nur ein Bruchteil der Aktie repräsentiert. 

Quick Tip: ADR Aktien sind technisch gesehen keine echten Aktien!

Wenn die Aktie zum Beispiel 5.000 USD das Stück kostet, dann ist das in der Regel zu teuer für Privatanleger, sodass ein ADR in diesem Fall das Recht an einem hundertstel an der Aktie verbriefen kann und das ADR somit nur circa 50 USD kosten würde. Wichtig ist hierbei das Wort „Circa“. Ein ADR muss nämlich nicht genau so viel kosten wie die zugrunde liegende Aktie, die es verbrieft.

Das Kreieren eines ADRs ist nämlich für die herausgebende Bank mit einem gewissen Aufwand verbunden und für diesen will sie entlohnt werden. Zudem möchte die Bank auch an dem ADR Geschäft Geld verdienen, sodass es noch ein zusätzliches Aufgeld dafür gibt. Besonders bei Aktien mit hoher Nachfrage verlangt die herausgebende Bank häufig einen größeren Aufschlag als bei weniger nachgefragten Aktien. 

Kurzum ist es nicht unüblich, dass das ADR einer Aktie, die 50 USD kostet, selbst 50,50 USD oder mehr kostet. Mitunter kann es sogar auch vorkommen, dass die Bank, die das ADR ausgegeben hat, einen Teil der Dividendenausschüttung behält, um damit ihre Verwaltungskosten abzudecken.

ADRs werden immer nur in USD gehandelt und können auch nur an amerikanischen Börsen gefunden werden. Ein ADR, dass an einer anderen Börse außerhalb der USA gehandelt wird, nennt man ein GDR bzw. Global Depository Receipts. Man erkennt ADRs übrigens daran, dass sie immer den Zusatz ADR im Namen führen und auch eine andere ISIN als die Aktie besitzen.

Warum gibt es ADR Aktien?

Wer sich den oberen Abschnitt genau durchgelesen hat, der könnte nun meinen, dass es überhaupt keinen Sinn macht, ein ADR zu kaufen, wenn man doch auch die zugrundeliegende Aktie direkt kaufen kann und in den meisten Fällen macht das sicherlich auch Sinn aber dennoch haben ADRs auch ihre Existenzberechtigung.

Schauen wir uns zunächst die Vorteile aus Sicht eines Investors an. ADRs ermöglichen einem Investor Aktien zu handeln zu denen man sonst keinen Zugang hätte. Insbesondere bei chinesischen Aktien ist es für Kleinanleger in der Regel nicht möglich die Aktien der Unternehmen direkt zu kaufen. 

Möchte man dennoch in ein chinesisches Unternehmen investieren, bleibt somit nichts anderes übrig als ein ADR auf das Unternehmen zu kaufen.

Wer also gern in Alibaba, JD.com, Baidu oder eine der vielen anderen chinesischen Aktien investieren möchte, der kann dies nur über ein ADR machen. 

Quick Tip: Besonders um in chinesische Aktien zu investieren, führt fast kein Weg an ADRs vorbei.

Wer mir das nicht glaubt, der braucht nur mal kurz bei seinem Broker nach Alibaba oder Baidu suchen und ihr werdet schnell sehen, dass hinter dem Namen der Aktie immer ein ADR zu finden ist.

Hier am Beispiel Comdirect könnt ihr sehen, dass man dort auch nie die Aktien von Alibaba direkt handelt sondern immer nur das entsprechende ADR.

Aus Investorensicht haben ADRs aber noch einen weiteren Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist. Nehmen wir einmal an ihr möchtet euch gern eine Aktie von Berkshire Hathaway kaufen aber leider fehlen euch die 433,124 USD (Stand 16.08.21) dafür. In diesem Fall könntet ihr auch ein ADR auf Berkshire Hathaway kaufen, dass ein Verhältnis von 1 zu 1/1.000 zur Aktie aufweist. Das heißt ein ADR verbrieft 1/1000 der Berkshire Aktie bzw. hat einen Preis von ungefähr 433 USD.

Ok, zugegeben das Beispiel Berkshire ist evtl. nicht das Beste, da es auch die B-Aktien des Unternehmens gibt, die deutlich billiger sind, aber ich hoffe ihr versteht das Prinzip.

Aus Sicht des Unternehmens haben ADRs aber auch einige Vorteile. Zum einen ermöglicht es Unternehmen das ihre Aktien an US-Börsen gehandelt werden können, obwohl die Aktien dort gar nicht gelistet sind. Man könnte jetzt meinen, dass es dem Unternehmen doch egal sein könnte, wo ihre Aktien gehandelt werden, aber das ist nicht so.

Nehmen wir einmal einen US-Pensionsfonds oder eine US-Lebensversicherungsgesellschaft. Solche institutionellen Investoren unterliegen häufig starken Beschränkungen und dürfen nur sehr begrenz in ausländische Wertpapiere investieren. 

Ein ADR wird für solche Investoren aber wie eine US-Aktie behandelt, sodass ein ausländisches Unternehmen mit einem ADR auch neue Investoren und damit neue Geldquellen gewinnen kann.

Für Unternehmen macht es aber auch noch mehr Sinn ihre Aktien an ausländischen Börsen verfügbar zu machen. In diesem Artikel erkläre ich deshalb genau, warum Aktien an unterschiedlichen Börsen gehandelt werden.

Aber ADRs haben nicht nur Vorteile für Unternehmen. Damit verbunden sind auch höhere Kosten und manchmal auch ein höherer Regulierungs- und Verwaltungsaufwand. Vielleicht waren das auch die Gründe, warum deutsche Unternehmen wie BASF, E.ON oder Bayer ihre ADR Programme wieder eingestellt haben.

Sind ADR Aktien sicher?

Diese Frage wird mir sehr häufig gestellt. Und wie immer muss ich auch hier zuerst sagen, dass im Wertpapiergeschäft nichts sicher ist, aber manche Investments sind eben riskanter als andere und so ist es auch mit ADR.

Ein ADR hat im Vergleich zu der zugrundeliegenden Aktie ein höheres Risiko, da anders als bei Aktien ein ADR noch ein zusätzliches Emittentenrisiko besitzt. D.h. es besteht das zusätzliche Risiko, dass die emittierende Bank bankrott geht und das ADR für den Inhaber somit wertlos wird. 

Hinzu kommen die schon oben erwähnten zusätzlichen Kosten beim Kauf und Verkauf des ADR, die die Gesamtrendite des Investors verringern und somit zu einem schlechteren Risiko-Rendite-Verhältnis sorgen. Wer also die Möglichkeit hat, sollte immer die zugrundeliegende Aktie direkt kaufen anstatt das ADR.

Quick Tip: Wer die Möglichkeit hat, sollte immer die zugrunde liegende Aktie kaufen anstatt des ADR.

Als Käufer eines ADR hat man ein Recht auf die Dividende und man besitzt ebenso das Stimmrecht an der Aktie allerdings ist ein ADR dennoch keine Aktie. So hat die emittierende Bank zum Beispiel einen Anspruch einen Teil der Dividende einzubehalten, um Verwaltungskosten abzudecken.

Grundsätzlich hat jeder Käufer eines ADR auch den Anspruch vom Emittenten die Herausgabe der Aktie zu verlangen allerdings geschieht dies in der Realität sehr selten, da so eine Herausgabe dem Käufer in aller Regel extrem schwer gemacht wird. 

Es müssen umständliche Formulare ausgefüllt werden und häufig werden extra Kosten dafür verlangt, sodass es für den Käufer des ADR häufig gar nicht lukrativ ist, die Aktien zu verlangen.

Als letzten Punkt möchte ich noch über die Liquidität von ADRs sprechen. Die ist in der Regel nämlich geringer als die Liquidität der zugrundeliegenden Aktie an ihrer Heimatbörse. 

Eine geringere Liquidität führt in aller Regel zu einem größeren Bid-Ask-Spread, was für euch als Investoren bedeutet, dass ihr das ADR zu höheren Preisen kaufen und zu geringeren Preisen verkaufen müsst.

Natürlich hilft euch diese Information trotzdem nicht, wenn ihr chinesische Aktien kaufen wollt, da ihr einfach nicht an der chinesischen Heimatbörse investieren könnt aber bei einem Unternehmen wie dem österreichischen Erdölkonzern OMV sieht das ganz anders aus. Hier könntet ihr ein ADR in den USA (oder ein GDR in einem anderen Land) kaufen oder aber direkt die Aktie an einer österreichischen Börse.

Das setzt natürlich voraus, dass ihr mit einem Broker zusammenarbeitet, der euch auch Zugang zu den verschiedenen Börsen bietet und da sieht es bei den meisten Hausbanken ziemlich schlecht aus. 

Ich weiß zum Beispiel aus eigener Erfahrung, dass in Deutschland nur die Deutsche Bank einen direkten Zugang zum griechischen Aktienmarkt bietet.

Um solche Probleme zu vermeiden, kann ich deshalb nur jedem empfehlen, der wirklich seriös am Aktienmarkt handeln will, sich einen professionellen Broker auszusuchen und glaubt mir, eure Hausbank ist das in aller Regel nicht.

Im Zusammenhang mit ADRs hört man auch immer wieder die Begriffe „Sponsored“ und „Unsponsored“ und auch wenn dieses Thema für Investoren nicht so wichtig ist, kann es dennoch nicht schaden es zu wissen, da es auch hilft zu verstehen, warum es ADR Programme gibt und wer dabei eigentlich Geld verdient.

Als „Sponsored ADR“ bezeichnet man eine ADR Initiative, die vom Unternehmen, dessen Aktien per ADR Verfügbar gemacht werden sollen, ausgeht. Das Unternehmen trägt dabei den Großteil der Kosten und die Depotbank gibt lediglich die ADR aus. Bei Einem „Unsponsored ADR“ geht die Initiative allerdings von der Depotbank oder einem Händler aus. Entsprechend trägt die Depotbank den Großteil der Kosten.

Unsponsored ADRs sind an vielen Börsen jedoch nicht zugelassen, da sie ohne Zustimmung des Unternehmens ausgegeben wurden. Entsprechend gibt es auch viel mehr Sponsored ADRs als Unsponsored ADRs. Sponsored ADRs lassen sich darüber hinaus noch in drei Unterkategorien unterteilen, aber das geht dann doch schon sehr ins Detail. 

Für diejenigen unter euch, die aber gern mehr wissen wollen, deshalb hier noch eine kurze Erklärung der drei Kategorien:

  • Level 1 ADRs sind Zertifikate, die auf schon bestehende Aktien ausgegeben werden und die an keiner US-Börse gelistet sind. Der Handel mit diesen ADRs findet somit ausschließlich Over-The-Counter (OTC) statt. Da die ADRs ausschließlich schon bestehende Aktien verbriefen, bekommt das Unternehmen durch die Herausgabe von ADRs auch kein neues Geld zur Verfügung gestellt.
  • Level 2 ADRs sind Zertifikate, die auf schon bestehende Aktien ausgegeben werden, allerdings sind diese an mindestens einer US-Börse gelistet. Da die ADRs ausschließlich schon bestehende Aktien verbriefen, bekommt das Unternehmen durch die Herausgabe von ADRs auch kein neues Geld zur Verfügung gestellt.
  • Level 3 ADRs sind Zertifikate, die auf neu emittierte Aktien ausgegeben werden und die an mindestens einer US-Börse gelistet sind. Da die ADRs nur neu emittierte Aktien verbriefen, erhält das Unternehmen durch die Ausgabe der ADRs neues Kapital.

Robby

Hi, ich bin Robby und Gründer dieses Blogs. Ich beschäftige mich schon seit 2006 mit dem Aktienmarkt. Zuerst als Privatanleger, dann von der theoretischen Seite im Studium und seit 2015 professionell bei einem der größten deutschen Asset Manager. Ich hoffe ich kann mithilfe dieses Blogs ein wenig von meiner Erfahrung mit euch teilen.

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