Kann jedes Unternehmen an die Börse gehen?


Der Gang an die Börse ist für viele Unternehmen ein wichtiger Schritt zur Finanzierung ihres Wachstums oder neuer Projekte. Aber kann eigentlich jedes Unternehmen an die Börse gehen und was sind eigentlich die Anforderungen an einen Börsengang? Ich verrate es euch in diesem Artikel.

In Deutschland kann grundsätzlich jedes Unternehmen an die Börse gehen, dass die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) besitzt. Allerdings müssen für einen Börsengang verschiedene Mindestanforderungen erfüllt werden je nach Börsensegment, indem das Unternehmen gelistet werden möchte.

Das heißt also, dass nur Aktiengesellschaften an die Börse gehen können und auch nur dann, wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllen. Diese Anforderungen sind aber gar nicht so schwierig zu erfüllen, wie ich euch im nächsten Abschnitt zeigen werde.

Die Anforderungen für ein Listing an der Börse

Die Anforderungen für einen Börsengang sind in Deutschland abhängig vom Segment, in dem das Unternehmen gelistet werden möchte. Man unterscheidet dabei im Wesentlichen in die zwei Segmente „Open Market“ und „Regulierter Markt“.

Der Open Market bzw. Freiverkehr

Als Freiverkehr bzw. Open Market bezeichnet man in Deutschland das Börsensegment mit den geringsten Anforderungen an ein Börsenlisting, auch wenn der Freiverkehr zumindest juristisch gesehen gar keine Börse ist.

Damit die Aktien eines Unternehmens im Freiverkehr gehandelt werden können, muss eine Aktiengesellschaft lediglich zwei Anforderungen erfüllen:

  • Das Unternehmen muss einen Antrag zum Handel am Open Market stellen
  • Das Unternehmen verpflichtet sich wichtige Geschäftsvorfälle sofort öffentlich zu machen

Die Anforderungen sind dabei so gering, dass grundsätzlich jede Aktiengesellschaft in Deutschland an die Börse gehen kann, allerdings sollte man als Anleger und auch Unternehmen nicht den Fehler machen und den Freiverkehr mit dem üblichen Börsenhandel gleichsetzen.

Für Investoren ist der größte Unterschied zum regulierten Markt nämlich, dass es keine Mindestanforderungen über die zu veröffentlichenden Unternehmensinformationen gibt. Zwar müssen wesentliche Geschäftsvorfälle gemeldet werden aber insbesondere für Jahresabschlüsse gibt es keinen Standard, der eingehalten werden muss. 

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Entsprechend sollte man als Investor sehr vorsichtig sein, wenn man in Unternehmen am Open Market investieren möchte.

Gerade aufgrund der mangelnden Transparenz investieren auch fast keine institutionellen Investoren am Open Market, weswegen Unternehmen dieses Börsensegment auch nicht wirklich dazu nutzen können, um an neues Kapital zu kommen. 

Man kann also sagen, dass grundsätzlich jede Aktiengesellschaft an die Börse gehen kann aber um die wirklichen Vorteile der Börse nutzen zu können, müssen erst verschiedene Mindestanforderungen erfüllt sein.

Regulierter Markt

Beim regulierten Markt handelt es sich um das Börsensegment, dass die meisten mit der Börse verbinden. Dort werden die Aktien großer Unternehmen wie Siemens oder Telekom gehandelt. 

Der regulierte Markt lässt sich noch in weitere Untersegmente unterteilen, die jeweils immer ihre eigenen Anforderungen haben aber die Mindestanforderungen an Aktiengesellschaften für dieses Segment sind:

  • Das Unternehmen muss mindestens bereits drei Jahre als Unternehmen existieren
  • Das Eigenkapital des Unternehmens muss mindestens 1,25 Millionen Euro betragen
  • Der Streubesitz der Aktien muss mindestens 25% betragen
  • Das Unternehmen muss jährlich einen Jahresbericht veröffentlichen und mindestens einen Zwischenbericht während des Jahres
  • Das Unternehmen verpflichtet sich wichtige Geschäftsvorfälle sofort öffentlich zu machen

Erfüllt eine Aktiengesellschaft all diese Anforderungen, kann es sich zum Handel am regulierten Markt anmelden lassen bzw. einen Börsengang vornehmen. Wie ein Börsengang funktioniert, ist relativ umfangreich und wird Thema eines anderen Artikels werden.

Wird jede Aktiengesellschaft an der Börse gehandelt?

Eine Aktiengesellschaft muss nicht zwangsläufig an der Börse gehandelt werden. Viele Unternehmen entscheiden sich auch nur deshalb für die Rechtsform einer Aktiengesellschaft, da das deutsche Aktienrecht gute und klare Regeln für die Aktieninhaber vorgibt.

Wer also nur eine klare Regelung über die Besitzverhältnisse an einem Unternehmen möchte aber die Unternehmensanteile nicht regelmäßig handeln möchte, für den ist eine nicht an der Börse gehandelte Aktiengesellschaft durchaus sinnvoll.

Weltweit gibt es übrigens schätzungsweise circa 41.000 Aktiengesellschaften, die an einer Börse gelistet sind. Wie viele Aktiengesellschaften darüber hinaus existieren, die nicht an einer Börse gelistet sind, lässt sich aber nicht sagen.

Warum werden manche Aktien an verschiedenen Börsen gehandelt?

Während es auf der einen Seite zwar Aktiengesellschaften gibt, die nicht an einer Börse gehandelt werden, gibt es auf der anderen Seite aber auch Aktien, die an verschiedenen Börsen gehandelt werden.

Man kann zum Beispiel die Aktien von Apple sowohl an der New York Stock Exchange kaufen als auch an der deutschen Börse Xetra handeln. Andersherum kann man aber auch Aktien von Siemens sowohl in Deutschland als auch an der US-Börse NASDAQ kaufen.

Für Unternehmen hat ein Listing an unterschiedlichen Börsen diverse Vor- und Nachteile. Im Detail erkläre ich das Thema in meinem Artikel „Warum werden Aktien an verschiedenen Börsen gehandelt?“. Lest euch den Artikel gern durch, wenn ihr alles darüber erfahren wollt. Für alle anderen hier das Wichtigste.

Unternehmen lassen ihre Aktien an verschiedenen Börsen handeln, um einen besseren Zugang zu weiteren Kapitalgebern zu erhalten und um die Liquidität ihrer Aktien zu erhöhen. Das Listing an unterschiedlichen Börsen ist für die Unternehmen in der Regel aber mit höheren Kosten verbunden.

Im Wesentlichen verbessern sich durch ein Listing an verschiedenen Börsen die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen. Warum das so ist, könnt ihr in dem Artikel von mir nachlesen. 

Gleichzeitig hat ein Unternehmen aber auch höhere Kosten durch mehrere Börsenlistings, da in so einem Fall alle Anforderungen jeder Börse erfüllt werden müssen.

Im Fall von Siemens reicht es dann nicht mehr aus lediglich einen deutschen Jahresabschluss zu erstellen, sondern durch das Listing in den USA ist es auch erforderlich einen US-Jahresabschluss zu erstellen. Die Vor- und Nachteile von einem Listing an verschiedenen Börsen muss jedes Unternehmen also selbst abwägen.

Robby

Hi, ich bin Robby und Gründer dieses Blogs. Ich beschäftige mich schon seit 2006 mit dem Aktienmarkt. Zuerst als Privatanleger, dann von der theoretischen Seite im Studium und seit 2015 professionell bei einem der größten deutschen Asset Manager. Ich hoffe ich kann mithilfe dieses Blogs ein wenig von meiner Erfahrung mit euch teilen.

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