Kann man mit Aktien wirklich alles verlieren?


Für die meisten Menschen steht beim Thema Finanzen die Sicherheit des eigenen Geldes im Vordergrund und aus Angst, man könnte alles verlieren, bleiben viele lieber beim Sparbuch anstatt in rentablere Wertpapiere wie zum Beispiel Aktien zu investieren. Aber ist diese Angst eigentlich berechtigt? Kann man mit Aktien wirklich alles oder sogar noch mehr verlieren? Ich habe mir das Thema einmal genau angeschaut.

Der theoretisch maximale Verlust mit einer Aktie ist 100%, sodass man durch Aktieninvestments sein gesamtes eingesetztes Geld verlieren kann aber das ist in der Praxis eher unwahrscheinlich, da eine Aktie selbst im Insolvenzfall des zugrundeliegenden Unternehmens weiterhin in der Regel einen minimalen Restwert behält.

Es ist also mehr als unwahrscheinlich, dass man mit einer Aktie alles verliert, allerdings sollte man auch realistisch sein, dass es keinen Unterschied macht ob man 100% seines Geldes verliert oder 95% aufgrund eines geringen Restwerts. 

Zusätzliche Kosten und Einnahmen mit Aktien

Zum Verlust seines Aktieninvestments kommen allerdings noch eventuelle Order- oder Depotgebühren hinzu, die in den meisten Fällen jedoch zu vernachlässigen sind. Wenn man schließlich 10.000 EUR verloren hat, interessiert es niemanden, ob man eventuell noch 20 EUR Transaktionskosten hatte.

Viel mehr Einfluss auf den Gesamtverlust mit Aktien hat allerdings das Hebeln der eigenen Position. Sollten ihr zum Beispiel in eine Aktie 10.000 EUR investiert haben, von denen aber 5.000 EUR durch Kredit finanziert waren, würdet ihr im Insolvenzfall des Unternehmens der Aktie einen Gesamtverlust von 10.000 EUR haben, obwohl ihr selbst nur 5.000 EUR eigenes Kapital investiert habt.

Sollte man seine Aktieninvestments mit Krediten gehebelt haben, kann man mit Aktien mehr verlieren als man selbst eingesetzt hat und somit mit seinem Depot ins Minus geraten.

Allerdings sollte man dem Verlust des Aktienwertes auch eventuell eingetretene Auszahlungen entgegenstellen, was in aller Regel Dividenden, also Gewinnausschüttungen des Unternehmens, sind.

Der maximale Verlust, den man mit Aktien erzielen kann, ist somit das eingesetzte Kapital zzgl. Depot- und Transaktionsgebühren sowie möglicher Hebelkosten abzüglich der ausgezahlten Dividende.

Das die Dividende keine kleine Rolle in dieser Rechnung spielt, zeigt das Beispiel der Deutschen Telekom. Hättet ihr in Aktien des Unternehmens am absoluten Hochpunkt im März 2000 investiert, dann hättet ihr bis jetzt einen Kursverlust von circa 85% gemacht.

Der Monatschart der Deutschen Telekom. Investoren, die im März 2000 in die Aktie eingestiegen sind, haben bis jetzt einen Kursverlust von 85% gemacht. Erstellt mit TradingView.

Aus einem Investment pro Aktie in 2000 von circa 105 EUR wäre somit nur noch ein Restwert in 2022 von 15 EUR übriggeblieben. In derselben Zeit hat das Unternehmen aber auch eine Gesamtdividende von 12,19 EUR ausgezahlt, sodass euer Gesamtverlust lediglich 74% beträgt und nicht die oben genannten 85%.

Wie viele Aktienunternehmen gehen wirklich komplett pleite?

Jetzt wo wir wissen, dass ein Totalverlust oder sogar darüber hinaus mit Aktien möglich ist, ist die nächste entscheidende Frage, wie häufig es denn eigentlich passiert, dass ein Unternehmen bankrott geht und somit seinen gesamten Aktienkurs verliert.

Pro Jahr gehen circa 5% aller börsengelisteten Unternehmen in die Insolvenz aufgrund fehlender Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung. Je größer die Marktkapitalisierung des Unternehmens jedoch ist, desto unwahrscheinlicher ist eine mögliche Insolvenz.

Die Daten beziehen sich dabei auf US-Unternehmen allerdings ist davon auszugehen, dass es sich in anderen entwickelten Ländern ähnlich verhält allerdings ist die Datenlage in diesen Ländern nicht so gut wie in den USA.

Momentan gibt es circa 4.300 börsengelistete Unternehmen in den USA von denen jedes Jahr circa 200 pleite gehen. Entsprechend liegt die Insolvenzrate von gelisteten Unternehmen bei circa 5%.

Das ein börsengelistetes Unternehmen bankrott geht, passiert also relativ selten allerdings dennoch häufiger als ich gedacht hätte.

Ihr solltet jetzt aber nicht den falschen Schluss daraus ziehen, dass es extrem selten ist, dass man einen Totalverlust mit Aktien erleiden kann, denn viel häufiger als eine Unternehmenspleite passiert es, dass der Kurs einer Aktie dramatisch einstürzte ohne dass das Unternehmen insolvent wird.

Bleiben wir einfach bei dem oben beschrieben Fall der Deutsche Telekom. Das Unternehmen ist bisher nicht bankrott gegangen und dennoch hättet ihr 85% eures Geldes verloren, wenn ihr am Hochpunkt eingekauft hättet (ohne Dividenden). 

Hättet ihr selbst nur ein Jahr nach dem absoluten Hochpunkt in die Deutsche Telekom investiert, als der Kurs bereits um 75% gefallen ist, hätte es dennoch 21 Jahre gedauert, bis ihr euer Investment inkl. ausgezahlter Dividenden wieder zurückerhalten hättet. Die Inflation ist hierbei noch nicht einmal eingerechnet.

Gebt euch auch nicht dem Trugschluss hin, dass die durchschnittliche Rendite am Aktienmarkt circa 8% ist. Das ist lediglich die durchschnittliche Rendite des gesamten Aktienmarktes und nicht einzelner Aktien. Aber selbst wer nur in breitgestreute ETFs investiert, hat auch noch ein hohes Risiko des Wertverlustes, auch wenn ein Totalverlust bei ETFs deutlich geringer ist als bei Einzelaktien, wie ich in diesem Artikel erkläre.

Eine einzelne Aktie kann immer ihren gesamten Wert verlieren und um dagegen vorbereitet zu sein, solltet ihr entweder in den gesamten Index investieren, eure Investments selbst breit streuen oder andere Sicherheitsanker implementiert haben.

Was sollte ich tun, wenn meine Aktien an Wert verlieren?

Im Idealfall solltet ihr es natürlich nie so weit kommen lassen, dass eure Aktien einen Großteil ihres Werts verlieren. Jeder große Verlust beginnt als ein kleiner Verlust, um den man sich nicht gekümmert hat, weswegen es unheimlich wichtig ist, seine Investments immer im Auge zu behalten.

Zum Thema Portfolioabsicherung habe ich diesen Artikel geschrieben, in dem ich euch vier Methoden ganz genau erkläre, wie ihr euer Portfolio gegen größere Verluste absichern könnt. Lest ihn euch unbedingt durch und sucht die für euch passende Strategie heraus.

Die für Privatinvestoren einfachste Methode, um größere Aktienverluste zu vermeiden, ist der Stop Loss. Dabei handelt es sich um eine Verkaufsorder bei eurem Broker, die automatisch ausgeführt wird, sobald der Aktienkurs unter eine bestimmte Schwelle fällt.

Nehmen wir zum Beispiel an, ihr habt euch eine Aktie im Wert von 100 EUR gekauft. Die meisten Investoren tätigen den Kauf und unternehmen dann nichts, wenn der Aktienkurs beginnt zu fallen und wundern sich dann, warum die Aktie plötzlich 20% ihres Werts verloren hat.

Hättet ihr stattdessen einen Stop Loss bei eurem Broker hinterlegt, dann wäre die Aktie automatisch verkauft worden, sobald der Verlust für euch zu groß geworden wäre. Was der maximal mögliche Verlust ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. 

Ich setze meinen Stopp Loss immer bei 10%. Im oben Beispiel also bei 90 EUR. Würde der Aktienkurs dann unter 90 EUR fallen, würden die Aktien automatisch verkauft werden und mein Verlust wäre begrenzt.

Wenn ihr wissen wollt, wie ihr einen Stop Loss selbst setzen könnt und ihr euer Konto bei der Comdirect habt, dann habe ich euch diesen Artikel hier geschrieben, der erklärt wie man einen Stop Loss bei der Comdirect setzen kann.

Der Stop Loss ist bei vielen Privatinvestoren nicht sehr beliebt, da es ja passieren könnte, dass der Aktienkurs unter die Stop Loss Schwelle fällt, die Aktien verkauft werden und der Kurs dann wieder steigt. 

Ja, das kann passieren, aber man sollte sich immer fragen, was passiert, wenn der Aktienkurs danach nicht wieder steigt sondern weiter fällt. In dem Fall hättet ihr nur einen noch größeren Verlust in eurem Depot. 

Ich arbeite deswegen immer mit einem Stop Loss für all meine Aktien, weil ich genau weiß, dass die Gewinne automatisch kommen, sobald ich die Verluste begrenze und genau das machen die wenigsten Privatinvestoren.

Zu diesem Thema habe ich auch den Artikel „Die sechs häufigsten Fehler beim Investieren“ geschrieben, in dem ich noch detaillierter auf diese Thematik eingehe. Definitiv empfehlenswert für euch.

Robby

Hi, ich bin Robby und Gründer dieses Blogs. Ich beschäftige mich schon seit 2006 mit dem Aktienmarkt. Zuerst als Privatanleger, dann von der theoretischen Seite im Studium und seit 2015 professionell bei einem der größten deutschen Asset Manager. Ich hoffe ich kann mithilfe dieses Blogs ein wenig von meiner Erfahrung mit euch teilen.

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