Die sechs häufigsten Fehler beim Investieren


Der Aktienhandel boomt momentan und das sogar in Deutschland. Viele Anfänger machen aber immer wieder dieselben Fehler und wissen gar nicht, dass sie sich viele Verluste sparen könnten, wenn sie sich an ganz einfache Regeln halten würden. Ich habe deshalb für euch die sechs typischsten Fehler zusammengefasst, die Anfänger im Börsenhandel immer wieder machen. 

1. Gewinner dürfen nie wieder zu Verlierern werden

Bei diesem Punkt geht es um das Risikomanagement, dass vor allem bei Anfängern häufig fehlt. Stellt euch vor ihr habt 5.000 EUR in eine Aktie investiert und diese steigt nun innerhalb kurzer Zeit um 20%, sodass ihr einen Gewinn (vor Steuern und Kosten) von 1.000 EUR gemacht habt.

Nun passiert aber, was so häufig passiert, dass die Aktie wieder um 20% fällt und eure Aktien somit von 6.000 EUR auf 4.800 EUR fallen. Ihr steht nun also mit einem Verlust von 200 EUR da und von eurem einstigen 1.000 EUR Gewinn ist nix mehr übrig.

Was habt ihr hier falsch gemacht und wie lässt sich das verhindern?

Zuerst einmal muss man sagen, dass ihr in diesem Beispiel ein schlechtes bzw. nicht vorhandenes Risikomanagement an den Tag gelegt habt. Wenn ihr mit einem Trade einmal in der Gewinnzone seid, dann müsst ihr dafür sorgen, dass es quasi unmöglich wird, mit diesem Trade jemals wieder Verlust zu machen.

Natürlich sollt ihr eure Aktien nicht sofort verkaufen, sobald ihr einmal auch nur ein wenig Gewinn gemacht habt. Wenn die Aktie gut läuft, dann solltet ihr sie auch weiter behalten allerdings solltet ihr euch spätestens von der Aktie trennen, wenn die Gefahr besteht, dass der Trade einen Verlust generieren könnte.

Wie könnt ihr so etwas in der Praxis sicherstellen? Mithilfe von Stop Loss Orders, die eure Aktien automatisch verkaufen, sobald sie ein bestimmtes Kurslevel unterschritten haben.

Am obigen Beispiel würde das bedeuten, dass ihr euer Stopp Loss Limit mindestens bei eurem Einstiegskurs setzen müsst. Somit ist garantiert, dass ihr zumindest euren Investitionsbetrag zurückbekommt. Noch besser ist es natürlich, wenn ihr eure Stops regelmäßig nach oben zieht, damit ihr im Falle von Kursrückgängen eure Gewinne frühzeitig realisiert.

Vielleicht interessiert Dich ja auch dieser Artikel: 9 Gründe, warum man nicht in Aktien investieren sollte

Ich persönlich setzte nach dem Kauf neuer Aktien sofort einen Stop Loss in der Regel circa 5% bis 10% unter dem Einstiegskurs. Somit ist schon einmal garantiert, dass ich lediglich maximal 5% bis 10% mit dem Trade verlieren kann. Sobald die Aktie steigt, ziehe ich den Stop schnell nach auf zunächst einmal den Einstiegskurs, damit es so gut wie unmöglich wird, dass ich mit diesem Trade noch einmal einen Verlust machen kann.

Sobald die Aktie dann weiter gestiegen ist, ziehe ich den Stop immer weiter nach oben, um immer mehr Gewinne zu sichern. Die Stops sollten natürlich nie zu eng gesetzt werden, damit ihr nicht zu häufig versehentlich ausgestopt werdet.

Da die Comdirect sehr beliebt bei Anfängern ist, habe ich einen kompletten Guide darübergeschrieben, wie ihr bei der Comdirect Stop Loss (Limit) Orders setzen könnt und was ein Stop Loss überhaupt ist. Wenn euch das interessiert, dann lest euch den Artikel doch einfach mal durch.

Aber ganz egal ob ihr Stop Loss Orders nutzt oder nicht ihr solltet immer auf eure Gewinner achten und dafür sorgen, dass diese nie wieder zu Verlierern werden.

Wenn ihr auch gern erfahren wollt, welche anderen Methoden es noch gibt, um sein Vermögen abzusichern, dann sollten ihr euch unbedingt meinen Artikel zu den verschiedenen Hedging-Strategien durchlesen.

2. „Die Aktie ist schon um x% gefallen. Sie kann unmöglich noch weiter fallen.“

Das ist eine meiner Lieblingsaussagen unter Anfänger. Wie oft habe ich schon Dinge gehört wie „Hey, die Aktie ist jetzt schon um 80% gefallen, die kann unmöglich noch tiefer fallen“ und ganz eng damit verwandt „Hey, ich bin jetzt schon 80% damit im Minus. Jetzt macht es auch keinen Unterschied mehr“.

Die erste Aussage bezieht sich dabei immer auf einen „geeigneten“ Kaufzeitpunkt für Aktien und die zweite Aussage ist eher typisch bei Aktien, die man schon im Bestand hat.

Dabei machen beide Aussagen aus statistischer und vor allem logischer Perspektive nicht viel Sinn.

Bleiben wir einfach mal beim ersten Zitat und nehmen wir eine Aktie, die bereits um 80% seit dem letzten Hoch gefallen ist. Handelt es sich hierbei um einen guten Kaufzeitpunkt? Vielleicht – aber in aller Regel eher nicht.

Kann man mit Aktien eigentlich 100% oder sogar noch mehr Verlust machen? Ich bin dieser Frage in diesem Artikel hier nachgegangen.

Damit eine Aktie um 80% an Wert verliert, liegen in aller Regel immer sehr gute Gründe vor und diese Gründe sind meistens auch absolute Showstopper, um in diese Aktie zu investieren. Also macht nicht den Fehler einen niedrigen Preis mit „günstig“ gleichzusetzen. Vielmehr solltet ihr es als „schlechte Qualität“ verstehen.

Anfänger unterliegen bei solchen Kursen auch einem häufigen Denkfehler. Beantwortet für euch selbst einfach die Frage: Wenn der Kurs einer Aktie um 80% gefallen ist und ihr steigt dann ein. Um wie viel Prozent kann die Aktie dann noch fallen?

Wenn ihr auf diese Frage nicht sofort 100% antworten könnt, dann habt ihr Börsenhandel nicht verstanden. Wenn der Kurs von 100 auf 20 fällt (d.h. 80%) und ihr steigt zu diesem Zeitpunkt ein, dann verliert ihr trotzdem 100% eures Geldes, wenn die Aktie auf null runtergeht.

So ein Szenario klingt unrealistisch, denkt ihr? Schauen wir uns doch einfach mal den Fall Wirecard an.

Der Fall Wirecard zeigt sehr deutlich, dass ein schon sehr starker Kursrückgang kein Schutz vor noch weiteren großen Verlusten ist. Grafik erstell mit TradingView.

Innerhalb von 52 Tagen ist die Aktie von Wirecard um unglaubliche 90% gefallen. Tiefer geht’s nicht? Wärt ihr nach diesem Kurseinbruch eingestiegen, dann hättet ihr eine Woche später auch fast 90% eures Geldes verloren.

Haltet euch also von solchen Aktien fern bzw. verkauft sie, wenn ihr sie noch im Depot habt. Nicht nur, dass das Risiko von weiteren Kurseinbrüchen unheimlich hoch ist. In 99% der Fälle, erreichen solche Aktien auch nie wieder ihr vorheriges Kursniveau.

3. Auf einen Crash des Marktes warten für „günstige“ Einkaufspreise

Man hört es immer wieder. Sätze wie „Bei der nächsten Korrektur steige ich ein“ oder „Ich warte auf den nächsten größeren Crash, um nachzukaufen“ werden immer wieder von Anfängern geäußert. Dabei macht es gar nicht so viel Sinn, auf den nächsten Crash zu warten, um in den Aktienmarkt einzusteigen.

Das lässt sich auch ganz einfach erklären. Statistisch schlägt Time-in-the-market ein Timing-the-market. Was bedeutet das? Langfristig betrachtet, ist es wichtiger wie lang man im Markt ist als wann man in den Markt einsteigt.

Natürlich ist die ideale Situation, dass man einen größeren Geldbetrag zur freien Verfügung hat und genau dann ein Crash kommt, der die Aktienkurse des breiten Markts um 50% verringert. Aber die Realität ist, dass solche Ereignisse nur sehr selten vorkommen.

Wenn ihr auf so einen großen Crash wartet, dann wartet ihr gern auch mal 10 Jahre oder mehr und in dieser Zeit entgeht euch jede Menge Rendite, die sich über diese 10 Jahre angesammelt hat.

Die großen Krisen lassen häufig auf sich warten und passieren in der Regel einmal aller 10 Jahre. Wartet man so lange für „günstige“ Einstiegspreise, dann geht einem auch viel Rendite verloren. Grafik erstellt mit TradingView.

Statistisch betrachtet, macht es sogar am meisten Sinn Geld, dass ihr zur freien Verfügung habt, direkt in den Markt zu investieren ganz egal wie der Kurs gerade ist. Zumindest wenn ihr langfristig eine maximale Rendite erzielen wollt.

Wer gern mehr darüber erfahren möchte, dem empfehle ich meinen Artikel „Buy the Dip?“. Dort erkläre ich euch genau, wer von euch auf Dips bzw. Korrekturen warten sollte und wer von euch einfach alles Geld so schnell wie möglich investieren sollte.

4. Ich habe so viel Geld verloren, weil ich nicht in dieser Aktie investiert war

Dieser Fehler ist vor allem ein Mindset-Problem von Anfängern denn ihr müsst euch immer darüber im Klaren sein, dass entgangene Gewinne keine Verluste sind. Entgangene Gewinne sind gar nichts, nur Hirngespinste. 

Ihr könnt euch entweder mit den Hätte, Wenn, und Wäre den Kopf zerbrechen oder ihr könnt euch darauf konzentrieren Geld zu verdienen.

Hätte ich 2010 10.000 EUR in Bitcoin investiert, dann wäre ich jetzt Multimilliardär aber ärgere ich mich darüber? Nein, weil ich es ohnehin nicht mehr ändern kann und vor allem weil rückblickend alles leicht gesagt ist. 

2010 hätte niemand geglaubt, dass Bitcoin einmal bei 60.000 USD stehen könnte. 2001 hätte niemand geglaubt, dass Amazon jemals bei 3.000 USD stehen könnte und…

Im Nachhinein kann man sich vieles schön rechnen aber damit verbessert ihr eure Performance auch nicht. Und es ist auch sinnvoll nicht sofort bei jedem neuen Trend dabei zu sein. Von den hunderten Internetunternehmen, die Ende der 90er Jahre boomten, haben nur die Wenigsten überlebt und auch Amazon war im Jahr 2000 kein sehr gutes Investment.

Amazon war nicht immer ein gutes Investment. Hättet ihr Anfang 2000 all euer Geld in die Aktie gesteckt, wäre es in weniger als zwei Jahren nur noch 5% oder weniger wert gewesen. Grafik erstellt mit TradingView.

Innerhalb eines Jahres verlor die Aktie von Amazon während der Dotcom-Krise 95%. Wäre ich bei so einem Kurseinbruch in der Aktie geblieben? Natürlich nicht. Niemand hätte ahnen können, wie es mit Amazon weitergehen wird.

Solche Investments wie Bitcoin, Amazon, Netflix, Google oder was auch immer sehen Rückblicken immer gut aus aber nur die wenigsten Investoren waren von Anfang an dabei und sind damit zum Milliardär geworden.

Aber das spielt auch keine Rolle, denn für euch ist nur wichtig, dass solche entgangenen Gewinne eben keine Verluste sind. 

Konzentriert euch also nicht auf die Vergangenheit, sondern fokussiert euch auf die Zukunft bei all euren Investments.

5. Ihr habt keinen langfristigen Plan

Bill Gates hat einmal etwas sehr Kluges gesagt (neben vielen anderen klugen Dingen). Er sagte einst „Wir überschätzen immer die Veränderungen, die in den nächsten zwei Jahren stattfinden werden, und unterschätzen die Veränderungen, die in den nächsten zehn Jahren stattfinden werden.“

Dieses Zitat bezog sich zwar im Wesentlichen auf den technischen Fortschritt, aber es gilt auch für die persönliche Finanzplanung. Stellt euch einfach die Frage, wie viel Rendite ihr wahrscheinlich nächstes Jahr machen werdet und wie viel Rendite ihr wahrscheinlich innerhalb der nächsten 10 Jahre machen werdet.

Ich habe einige meiner Freunde dieselbe Frage gestellt und für das nächste Jahr prognostizieren die meisten eine Rendite von circa 15%. Nicht weil meine Freunde so gute Investoren sind, sondern weil sie denken, dass der Markt sich nächstes Jahr ähnlich entwickeln wird wie dieses Jahr.

Auf die nächsten 10 Jahre rechnen sie wiederum mit circa 80%, aber sind diese Zahlen wirklich gute Schätzungen für die Zukunft? Die durchschnittliche Marktrendite liegt bei 8% im Jahr also ist es eher unwahrscheinlich, dass der Markt nächstes Jahr 15% erzielen wird und wenn der Markt innerhalb der nächsten 10 Jahre 8% im Durchschnitt machen wird? 

Dann habt ihr eine tolle Rendite von insgesamt 116%. Ihr seht also, dass meine Freunde auch ihre Probleme haben eine gute Schätzung für die Zukunft zu machen.

Was hat das aber mit eurer Finanzplanung zu tun? Ihr solltet euch immer realistische aber vor allem auch langfristige Ziele setzen. Die Wenigsten werden über Nacht reich. Schaut euch die Superreichen an. Keiner von denen hat sein Vermögen in kurzer Zeit erlangt.

Und auch wenn sie innerhalb weniger Jahre sehr viel Geld gemacht haben, dann gingen in aller Regel viele Jahre der Planung und des Erlernens bestimmter Fähigkeiten voraus.

Haltet euch nicht für schlauer als ihr seid und denkt ihr könntet in einem Jahr zum Millionär werden, wenn ihr gerade einmal nur 10.000 EUR auf dem Depot habt. Na klar ist das auch möglich aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist nahe Null.

Was ihr aber erreichen könnt ist 10.000 EUR in eine Million über viele Jahre zu verwandeln. Aber was ihr dafür benötigt ist ein Plan mit einem Endziel und vielen Einzelschritten wie ihr dieses Endziel erreichen könnt.

Natürlich erwarte ich nicht, dass zum Beispiel meine Eltern sich einen langfristigen Plan überlegen, nur weil sie regelmäßig ein wenig Geld in einem ETF anlegen. Das müsst ihr auch nicht machen, wenn das eure einzige Art der Geldanlage ist (was übrigens auch nicht falsch ist).

Aber wenn ihr wirklich große Träume habt und diese auch erreichen wollt, dann geht nichts über einen langfristigen Plan. 

6. „Ich mache erst einen Verlust, wenn ich die Aktien verkaufe“

Hierbei handelt es sich wieder um ein Mindset-Problem der meisten Anfänger. Stellt euch vor ihr habt Aktien im Wert von 5.000 EUR gekauft und diese sind jetzt nur noch 3.000 EUR wert. Ihr habt in diesem Fall also einen Verlust von 2.000 EUR – ohne Wenn und Aber.

Anfänger sagen an dieser Stelle aber immer wieder, dass sie momentan noch keinen Verlust haben, weil der Verlust ja schließlich erst eintritt, wenn man die Aktien verkauft und den Verlust realisiert aber wer sich so etwas einredet, der hat Börsenhandel einfach nicht verstanden.

Der Grund ist auch ganz einfach. Um von den 3.000 EUR wieder auf 5.000 EUR zu kommen, benötigt ihr eine Rendite von 66%. Weil euer Geld von 3.000 EUR um 2.000 EUR ansteigen muss. Anfänger denken aber immer wieder nur mit ihrem ursprünglichen Investitionsbetrag.

D.h. sie fragen sich immer wieder wie viel Prozent von meinen 5.000 EUR benötige ich, um 2.000 EUR Gewinn zu machen. Aber diese 40% sind eben nicht die Rendite, die ihr benötigt, um wieder aus dem Verlust zu kommen. Ihr benötigt jetzt 66%, weil ihr einfach einen Verlust von 2.000 EUR gemacht habt.

Da könnt ihr euch das schön rechnen wie ihr wollt, aber das sind einfach die harten Fakten. Wer das nicht verstehen will oder anderer Meinung ist, weil Aktien „immer wieder zu ihrem wahren Wert zurück tendieren“, der sollte sich wirklich überlegen, ob Börsenhandel das richtige für ihn ist.

An der Börse geht es nicht um den wahren Wert von Aktien und selbst wenn, wer bestimmt denn den wahren Wert? Börsenhandel sollte einzig zum Zweck des Geldverdienens genutzt werden und wenn ihr Geld verloren habt, dann kann das mal passieren aber dann müsst ihr auch einsehen, dass ihr Geld verloren habt.

Verluste gehören zu jedem Trader dazu und es spielt auch keine Rolle wie viel Verluste ihr macht, solange ihr im Durchschnitt einen Gewinn über all eure Trades macht. Begrenzt deswegen immer eure Risiken und schließt eure Positionen nicht erst, wenn es dafür nicht eigentlich schon zu spät ist.

Robby

Hi, ich bin Robby und Gründer dieses Blogs. Ich beschäftige mich schon seit 2006 mit dem Aktienmarkt. Zuerst als Privatanleger, dann von der theoretischen Seite im Studium und seit 2015 professionell bei einem der größten deutschen Asset Manager. Ich hoffe ich kann mithilfe dieses Blogs ein wenig von meiner Erfahrung mit euch teilen.

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