Wenn ich mit anderen über Optionen rede, dann fällt mir immer wieder auf, dass mein Gegenüber in Wirklichkeit gar nicht von Optionen redet, sondern ganz häufig stattdessen von Optionsscheinen spricht. Dabei sind Optionsscheine nicht dasselbe wie Optionen und obwohl der Name ähnlich klingt, könnten beide nicht unterschiedlicher sein.
Optionen sind an den Finanzmärkten gehandelte Termingeschäfte, bei denen Investoren sowohl Käufer als auch Verkäufer sein können. Ein Optionsschein hingegen ist nur ein kleiner Teil einer Option, der von einem Emittenten herausgegeben wurde und somit nicht frei am Markt gehandelt wird und bei dem Investoren auch lediglich nur der Käufer aber nicht der Verkäufer solcher Instrumente sein können.
Das klingt jetzt vielleicht nach Haarspalterei allerdings haben diese kleinen Unterschiede es in sich und können über Erfolg und Misserfolg eines Investments entscheiden. Damit ihr das Ganze aber besser verstehen könnt, will ich es euch im Detail erklären.
Gemeinsamkeiten von Optionen und Optionsscheinen
Dieser Artikel soll natürlich darum gehen was Optionen von Optionsscheinen unterscheidet, aber vielleicht gibt es unter euch den ein oder anderen, der mit beidem noch nichts anfangen kann und für diejenigen macht es Sinn zuerst einmal mit den Gemeinsamkeiten anzufangen. Alle anderen von euch können diesen Teil gern überspringen und direkt zu den Unterschieden weiter unten gehen.
Für diejenigen unter euch, die bisher weder von Optionen noch von Optionsscheinen gehört haben, hier eine kurze Erklärung. Optionen und Optionsscheine geben dem Käufer das Recht zu einem vordefinierten Zeitpunkt in der Zukunft einen Basiswert (engl. Underlying) zu einem festgelegten Preis zu kaufen (Kaufoption) oder zu verkaufen (Verkaufsoptionen)
Wem das jetzt zu kompliziert klangt hier ein kleines Beispiel. Eine Kaufoption mit der Apple Aktie als Basiswert und einem festgelegten Preis von 150 USD und einer Laufzeit bis 27.08.2021 gibt dem Käufer das Recht am 27.08.2021 Apple Aktien zu einem Preis von 150 USD zu kaufen. Wenn der Preis der Apple Aktie zu diesem Zeitpunkt zum Beispiel bei 180 USD liegt, dann hat der Käufer der Option das Recht, die Aktien vom Verkäufer der Option für 150 USD zu kaufen, obwohl die Aktien momentan aber gerade 180 EUR wert sind.
Eine Verkaufsoption ist genau das gleiche nur anstatt des Rechts zum Kauf der Aktien, hat der Käufer das Recht zum Verkauf von Aktien. Wichtig bei Optionen und Optionsscheinen ist, dass der Käufer der Option nur das Recht zum Kauf hat aber nicht die Pflicht. D.h. sollte im oben genannten Apple Beispiel der Kurs der Apple Aktie bei 120 USD anstatt der genannten 180 USD liegen, dann ist der Käufer der Option nicht verpflichtet Aktien über die Option für 150 USD zu kaufen, wenn er sie am Markt eigentlich für 120 USD bekommen könnte.
Weil sich der Wert einer Option oder eines Optionsscheins somit von seinem Basiswert / Underlying abhängt, handelt es sich bei beiden Instrumenten um ein Derivat (vom lateinischen Wort „derivare“ was so viel wie ableiten bedeutet). Die beiden Instrumente sind dabei nicht die einzigen Derivate in der Finanzwelt, aber darum soll es hier jetzt nicht gehen.
Die Preisbestimmung bei Optionen und Optionsscheinen ist durch ihren derivativen Charakter etwas komplizierter als die Preisbestimmung einer Aktie. Während der Wert einer Aktie lediglich durch den Marktpreis bestimmt wird, hängt der Preis einer Option oder eines Optionsschein von vielen Parametern ab. So hat zum Beispiel der Wert des Underlyings, die Restlaufzeit der Option, die Volatilität des Underlyings oder der Marktzins einen Einfluss auf den Wert der Option. Hierzu aber auch in einem späteren Artikel mehr.
Wenn ihr noch mehr über die Grundlagen von Optionen erfahren wollt, dann solltet ihr euch unbedingt meinen Beginners Guide für Optionen durchlesen.
Wichtig für diesen Artikel ist aber nur zu verstehen, was der grundlegende Gedanke bei beiden Instrumenten ist und dass dieser an sich identisch ist. Allerdings wollen wir uns jetzt einmal die kleinen, aber wichtigen Unterschiede anschauen.
Unterschiede von Optionen und Optionsscheinen
Für diejenigen unter euch, die es gern kurz und kompakt mögen, habe ich eine Tabelle erstellt mit den wichtigsten Unterschieden. Wenn ihr zu den einzelnen Punkten aber mehr wissen wollt und euch interessiert, was die einzelnen Unterschiede für einen Einfluss auf die Instrumente haben, dann habe ich jeden Punkt weiter unten auch noch einmal im Detail erklärt.
Option | Optionsschein |
---|---|
Standardisiert | Nicht standardisiert |
Man kann sowohl Käufer als auch Verkäufer einer Option sein | Man kann lediglich Käufer eines Optionsscheins sein |
Kein Emittentenrisiko | Emittentenrisiko |
Preisfindung durch Angebot und Nachfrage am Markt | Der Emittent des Optionsscheins legt den Preis selbst fest |
Alle bekannten Optionsstrategien können angewandt werden | Lediglich Optionsstrategien, bei denen man der Käufer der Option ist, können angewandt werden |
Kauf und Verkauf findet über Terminbörsen statt | Kauf und Verkauf findet Over-The-Counter über den Emittenten statt |
Standardisierung
Die Standardisierung einer Option ist für mich einer der wichtigsten Unterschiede bei beiden Produkten. Bei einer Option weiß man nämlich immer was man hat. Durch die Börsen (z.B. CBOE in den USA oder die EUREX in Europa) wird genau festgelegt, was zum Beispiel eine Apple Option ausmacht und bis auf wenige Kleinigkeiten gibt es sogar unter allen Optionen nur ganz wenig Unterschiede.
Bei Aktienoptionen (d.h. Optionen mit einer Aktie als Underlying) gilt zum Beispiel so gut wie immer, dass eine Option das Recht zum Kauf / Verkauf von 100 Aktien verbrieft ganz egal ob die einzelne Aktie 20 USD wert ist oder wie im Fall von Berkshire Hathaway über 400.000 USD.
Bei einem Optionsschein weiß man allerdings nie so richtig was man bekommt. Die Emittenten von Optionsscheinen (üblicherweise Banken) geben sich zwar größte Mühe eine gewisse Standardisierung ihrer Produkte zu schaffen aber so ganz sicher kann man sich nie sein, was man da eigentlich kauft, wenn man nicht das 150-seitige Prospekt dazu gelesen hat.
Und wenn es überhaupt eine Standardisierung gibt, dann in der Regel nur beim selben Emittenten. Ein Optionsschein auf Apple bei der Société Générale ist vielleicht so definiert wie ein Optionsschein auf Siemens, aber das kann schon wieder komplett anders aussehen bei einem Optionsschein der BNP Paribas.
Stillhalterposition
Der Verkäufer einer Option wird auch als Stillhalter bzw. im englischen als Underwriter bezeichnet und diese Position kann man nur bei Optionen aber nicht bei Optionsscheinen eingehen. Das mag jetzt für viele von euch nicht so wichtig sein, weil ihr immer nur die Käufer bzw. Long Position eingehen wollt, allerdings verpasst ihr dann wirklich viel.
Zum einen bietet der Verkauf von Optionen eine hervorragende Möglichkeit ein stetiges Einkommen an der Börse zu verdienen und zum anderen entgehen euch damit viele Möglichkeiten interessanter Trading-Strategien (dazu weiter unten im Abschnitt „Optionsstrategien“ mehr).
Wenn wir aber nie Stillhalter eines Optionsscheins sein können, wer ist es dann und die einfache Antwort ist: Der Emittent. Also die Bank oder das Wertpapierhaus über das ihr die Instrumente kauft. Und warum betreiben Banken ein Geschäft mit Optionsscheinen, bei denen sie immer die Stillhalterposition eingehen? Weil der Verkauf von Optionen bzw. Optionsscheinen so lukrativ ist. Solltet ihr also weiterhin kein Interesse haben Optionen zu verkaufen, dann sollten ihr spätestens jetzt einmal darüber nachdenken und wie ihr das machen könnt, erkläre ich euch hier.
Emittentenrisiko
Bei Optionen gibt es kein Emittentenrisiko was bedeutet, dass ihr nie euer Geld verliert, wenn die Gegenpartei (d.h. der Verkäufer der Option, wenn ihr sie kauft oder der Käufer der Option, wenn ihr sie verkauft) nicht mehr zahlungsfähig ist.
Um dieses Ausfallrisiko abzusichern, gibt es verschiedene Sicherheitsmechanismen beim Handel mit Optionen. Zum einen verlangt der Broker sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer der Option eine Margin, um zu garantieren, dass zumindest ein Mindestkapital zur Abdeckung der Forderung besteht.
Überschreitet die Margin einen speziellen Schwellenwert kommt es zum Margin Call, d.h. der Optionshalter kann zusätzliches Kapital zur Verfügung stellen, oder Teile seiner Assets im Depot werden automatisch verkauft.
Wem diese Sicherheit allerdings immer noch nicht ausreicht, der kann sich sicher sein, dass im Falle eines tatsächlichen Ausfalls der Gegenpartei die Clearing-Stelle einspringt, und den Zahlungsausfall ausgleicht. All diese Sicherheitsmechanismen sorgen dafür, dass es bei Optionen kein Emittentenrisiko gibt.
Bei Optionsscheinen gibt es diese Sicherheitsmechanismen allerdings nicht, da man einen Optionsschein nicht über die Börse kauft, sondern direkt vom Emittenten und dieser bestimmt, wie viel Prozent des Optionsscheins abgesichert ist.
Nehmen wir den hypothetischen Fall, dass ihr von einer Bank einen Optionsschein auf Apple für 200 EUR kauft und während ihr den Optionsschein haltet, geht die Bank pleite. In dem Fall ist euer Optionsschein nichts mehr wert, da die Bank, die sich dazu bereit erklärt hat, den Optionsschein in der Zukunft von euch zurückzukaufen, nicht mehr existiert.
Jetzt könnte man meinen, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass eine ganze Bank pleite geht allerdings reicht hier ein Blick in die nicht allzu ferne Vergangenheit. Als im Zuge der Finanzkrise 2008 Lehman Brothers pleite ging, wurden alle von Lehman ausgegebenen Zertifikate (Wertpapiere, die quasi ein Optionsschein auf bestimmte Optionsstrategien sind) über Nacht wertlos und die Anleger erhielten erst Jahre später aus der Insolvenzmasse des Unternehmens einen Bruchteil ihres angelegten Geldes zurück.
Preisfindung
Obwohl die Ermittlung des fairen Wertes einer Option relativ komplex ist (ich habe oben bereits beschrieben von wie vielen Faktoren der Preis einer Option abhängt), kann man es allerdings auf das einfache Prinzip von Angebot und Nachfrage an der Börse herunter brechen.
Ist die Nachfrage höher als das Angebot, steigt der Preis und ist die Nachfrage niedriger als das Angebot sinkt der Preis. Das ist natürlich eine sehr starke Vereinfachung der Optionspreisbestimmung, aber schlussendlich regelt der Markt selbst, was der aktuelle Preis für eine Option sein sollte.
Bei Optionsscheinen ist dies allerdings nicht der Fall. Zwar geben die Emittenten von Optionsscheinen mehr oder weniger transparent an, wie sich die Preise ihrer Optionsscheine zusammensetzen, aber letzten Endes ist man bei den Preisen von Optionsscheinen vom Wohlwollen des Emittenten, also der Bank oder des Wertpapierhauses abhängig. Wenn die Bank der Meinung ist, dass der Optionsschein lediglich 50 EUR wert ist, obwohl der faire Wert 60 EUR ist, dann kann man den Optionsschein trotzdem nur für 50 EUR kaufen oder verkaufen.
Jetzt stellt ihr euch vielleicht die Frage, warum der Emittent ein Interesse daran haben sollte, einen anderen Preis als den fairen Preis zu verlangen. Die Antwort darauf hängt mit dem Fakt zusammen, wie die Emittenten Geld mit Optionsscheinen verdienen.
Eine Bank sichert sich nämlich beim Verkauf von Optionsscheinen immer am Markt mit einem Gegengeschäft ab. Somit trägt die Bank kein Risiko, wenn sich ein Optionsschein preislich in eine Richtung bewegt, die der Bank nicht gefällt. Allerdings kostet dieser Hedge auch etwas und diese Kosten legt die Bank auf den Preis des Optionsscheins drauf.
Hinzu kommt noch der Gewinn, den die Bank mit dem Optionsschein machen will und schon gibt es eine mehr oder weniger große Differenz zwischen dem Verkaufspreis des Optionsscheins und dessen fairen Wert. Läuft der Hedge auch einmal nicht ganz so, wie der Emittent es sich vorgestellt hat und die Gewinnspanne wird immer geringer, spricht nichts dagegen, den Preis des Optionsscheins so anzupassen, dass die Gewinnspanne wieder größer wird.
Optionsstrategien
Dieser Punkt ist relativ einfach erklärt. Da man bei Optionen sowohl Käufer als auch Verkäufer der Option sein kann, verfügt man über ein viel größeres Spektrum an möglichen Optionsstrategien als der Käufer von Optionsscheinen. Selbst so eine einfache Strategie wie der Covered Call (d.h. der Kauf der Aktie und gleichzeitiger Verkauf einer Kaufoption) sind mit Optionsscheinen nicht möglich, da es einfach keine Möglichkeit gibt Optionsscheine zu verkaufen.
Übrigens wenn ihr mehr über den Covered Call erfahren wollt, dann empfehle ich euch diesen Artikel von mir, in dem ich die Strategie ausführlich erkläre.
Jetzt mögen einige von euch vielleicht sagen, aber dafür gibt es Discount-Zertifikate und ja da habt ihr Recht. Ein Discount-Zertifikat hat dasselbe Auszahlungsprofil wie ein Covered Call aber ein Discount-Zertifikat bringt dafür auch alle negativen Aspekte mit sich, die ich in diesem Artikel zum Thema Optionsscheine genannt habe. Denn ein Discount-Zertifikat ist schlussendlich nicht anderes als ein Optionsschein auf eine Covered Call Strategie.
Und selbst wenn euch diese Begründung nicht ausreicht, so ist das Spektrum an möglichen Optionsstrategien doch viel größer als das Spektrum an Zertifikaten mit ihren vordefinierten Strategien.
Börsenhandel
Dieser Punkt ist quasi ein weiteres Problem zu der schon oben beschrieben Emittententhematik und Standardisierung von Optionen bzw. fehlenden Standardisierung von Optionsscheinen. Während man Optionen direkt an Börsen wie der CBOE in den USA oder der EUREX in Europa handeln kann, gibt es für Optionsscheine keinen Börsenhandel, da der Kauf und Verkauf immer nur mit dem Emittenten stattfindet.
Zwar gibt es für Optionsscheine in Deutschland auch die Euwax, eine Tochtergesellschaft der Börse Stuttgart, über die man handeln kann allerdings folgt der Handel dort keinem festen Regelwerk wie zum Beispiel beim Handel mit Optionen. Immer wieder heißt es bei der Euwax „Kein Handel möglich“ sodass dem Käufer des Optionsscheins nichts anderes übrigbleibt als wieder nur direkt mit dem Emittenten zu handeln.
Fazit
Ich denke jedem sollte nun klar sein, warum Optionsscheine eben keine Optionen sind und das Optionen viel mehr Vorteile bieten und deshalb auch von professionellen Investoren das Mittel der Wahl sein sollten. Der Grund warum Optionsscheine dennoch so beliebt in Deutschland sind, liegt meiner Meinung nach darin, dass es in Deutschland nur ganz wenige Broker gibt, bei denen man Optionen handeln kann.
Unter den großen Banken (Deutsche Bank, Commerzbank, etc.) ist mir nur die Comdirect bekannt, die ab und zu und nur sehr vereinzelt (und mit viel zu hohen Gebühren) den Handel mit Optionen ermöglicht aber wer wirklich professionell investieren möchte, der sollte auch einen professionellen Broker wählen.
Ich selbst kaufe und verkaufe Optionen über Banx Broker. Diese benutzen wiederum Interactive Brokers als Plattform im Hintergrund aber bieten den Vorteil, dass man als deutscher Investor es ein wenig einfacher hat, beim Thema Steuern und Onboarding. Hinzu kommt, dass die Ordergebühren dort einfach unschlagbar sind.
Zum Schluss möchte ich auch gern einmal darauf hinweisen, dass Optionsscheine in den USA sogar verboten sind gerade weil sie so sehr zum Nachteil der Käufer sind. Beim nächsten Kauf von Optionsscheinen solltet ihr euch also überlegen, ob ihr die ganze Sache in Zukunft nicht etwas professioneller angehen wollt und stattdessen lieber Optionen kaufen solltet.