Die Bollinger Bänder – Erklärung und Handelsstrategien


Einer der beliebtesten Trendindikatoren sind die Bollinger Bänder, die mithilfe statistischer Berechnungen aufzeigen, wann sich eine Aktie in einem Aufwärts- oder Abwärtstrend befindet und wann eine Aktie überkauft oder überverkauft ist. Welche Handelsstrategien man aus diesem Indikator ablesen kann und warum die Signale, die sich aus dem Indikator ergeben mit Vorsicht zu genießen sind, möchte ich euch heute erklären. 

Die Bollinger Bänder sind ein Trendindikator für die Chartanalyse von Aktien. Sie sagen anhand statistischer Methoden, wann eine Aktie überkauft oder überverkauft ist. Ein Kaufsignal liegt in der Regel vor, wenn das untere Band durchbrochen wurde und ein Verkaufssignal beim Durchbrechen des oberen Bandes. 

Man kann mithilfe dieses Indikators also Trends erkennen sowie günstige Kauf- und Verkaufspunkte entdecken. Da die Zusammensetzung der Bollinger Bänder aber auf statistischen Mitteln beruht, ist deren Berechnung auch etwas komplizierter als die von anderen Trendindikatoren. Schauen wir uns das Ganze also einmal im Detail an.

Das ist übrigens meine Detailanalyse zu den Bollinger Bändern. Wenn ihr gern mehr über andere Trendindikatoren erfahren wollt und wie gut diese im Vergleich zueinander sind, dann solltet ihr euch meinen Artikel über die 5 wichtigsten Trendindikatoren durchlesen.

Berechnung der Bollinger Bänder

Der Indikator wurden in den 80er Jahren von John Bollinger entwickelt, als dieser wissen wollte, wie wahrscheinlich eigentlich bestimmte Kursbewegungen waren. Bis heute hat sich an dem Prinzip nichts geändert.

Die Bollinger Bänder bestehen immer aus drei Komponenten:

  • Ein einfacher gleitender Durchschnitt (SMA) mit einer Periodenlänge von 20 Zeiteinheiten (in der Regel Tage)
  • Ein unteres Band, dass sich ergibt aus dem Wert des SMA abzüglich der zweifachen Standardabweichung der letzten 20 Tage
  • Ein oberes Band, dass sich ergibt aus dem Wert des SMA zuzüglich der zweifachen Standardabweichung der letzten 20 Tage

Ihr habt sicherlich schon gemerkt, dass es bei den Bollinger Bändern um statistische Berechnungen geht und da sicherlich nicht jeder damit etwas anfangen kann, hier eine kleine bildliche Darstellung um was es dabei geht.

Mehr über den simplen gleitenden Durchschnitt könnt ihr übrigens in meinem Artikel zu diesem Indikator lesen.

Stellt euch die Standardabweichung einfach als die durchschnittliche Schwankungsbreite eines Aktienkurses vor. D.h. eine Aktie macht zum Beispiel im Jahr im Durchschnitt eine Rendite von 7%, allerdings bewegt sich die Rendite dabei in der Regel in einer Breite von 4% bis 10% pro Jahr.

In diesem Fall wäre die Standardabweichung 3%. Mathematisch ist das natürlich absolut falsch, aber mir geht es hier nur um die Verdeutlichung des Prinzips. Für alle die es ganz genau wissen wollen, empfehle ich einfach bei Wikipedia den Artikel zur Standardabweichung durchzulesen.

Bei den Bollinger Bändern würde man nun die zweifache Standardabweichung nehmen (in diesem Fall also 6%) und immer entweder auf den gleitenden Durchschnitt hinzurechnen (oberes Band) oder davon abziehen (unteres Band).

Der Tageschart von Coca-Cola mit Bollinger Bänder darüber.

Das besondere an der zweifachen Standardabweichung ist, dass statistisch betrachtet 95% aller möglichen Kursbewegungen innerhalb des oberen und unteren Bandes stattfinden sollten. Im Umkehrschluss heißt das also, dass ein Durchbrechen des Bollinger Bandes durch den Aktienkurs lediglich eine Wahrscheinlichkeit von 5% hat und somit ein extrem seltenes Ereignis darstellt.

Diese 95% Wahrscheinlichkeit, die die Bollinger Bänder abbilden, sind mathematisch betrachtet allerdings nicht korrekt, wie ich weiter unten im Bereich zu meiner Kritik des Indikators noch einmal genauer erklären werde aber die Mehrheit der Marktteilnehmer versteht den Indikator genau so, sodass der Indikator schon ein wenig als eine selbsterfüllende Prophezeiung betrachtet werden kann.

Man kann die Bollinger Bänder also lesen, dass 95% aller möglichen Kursbewegungen einer Aktie zwischen dem oberen und unteren Band stattfinden müssen. Eine Überschreitung der Bänder ist ein extrem seltenes Ereignis, dass auf ein Überkaufen oder Überverkaufen der Aktie hindeutet.

Da die Berechnung der Standardabweichung immer nur die letzten 20 Zeiteinheiten berücksichtigt, kann man anhand der Bollinger Bänder auch die Veränderung der Volatilität ablesen.

Immer wenn sich die Bänder verengen, hat sich die historische Volatilität der Aktie verringert. Gehen die Bänder weiter auseinander, hat sich die Volatilität in den letzten 20 Tagen erhöht.

Wie man als Investor diese Informationen für sich nutzt, ist natürlich jedem selbst überlassen allerdings gibt es bestimmten Kursmuster auf die man genau achten sollte.

Handelsstrategie mithilfe der Bollinger Bänder

Die Bollinger Bänder geben einem Händler zwei wichtige Informationen. Zum einen wie wahrscheinlich eine bestimmte Kursbewegung ist und zum anderen wie sich die historische Volatilität der zugrundeliegenden Aktie verändert hat. 

Beides zusammen kann einen Hinweis darauf geben, in welche Richtung sich der Kurs zukünftig bewegen könnte und auch mit welchen Instrumenten man diese Kursbewegung handeln sollte.

Grundsätzlich können bei den Bollinger Bändern drei wichtige Szenarien vorliegen: Ein Durchbrechen des oberen oder unteren Bandes, eine Ausdehnung oder Verengung der Bänder und eine Kursbewegung entlang eines der Bänder. 

Das Durchbrechen des oberen oder unteren Bandes

Hierbei handelt es sich um das einfachste Signal des Indikators und auch das Signal, wofür der Indikator von den meisten Händlern benutzt wird.

Die Idee hinter dieser Strategie ist, dass ein Durchbrechen der Bänder ein statistisch betrachtet so seltenes Ereignis darstellt, dass man davon ausgehen kann, dass die zugrundeliegende Aktie in so einem Fall entweder momentan zu teuer oder zu günstig ist.

Ein Ausbruch des Kurses nach oben bedeutet somit, dass der aktuelle Aktienkurs zu hoch ist und man somit mit einer Gegenbewegung nach unten rechnen kann.

Ein Durchbrechen der Bollinger Bäder durch den Kurs nach unten bedeutet wiederum, dass der aktuelle Aktienkurs zu niedrig ist und man somit mit einer Gegenbewegung nach oben rechnen kann.

Der Tageschart von Apple. In rot habe ich jeweils markiert, wann der Indikator einen möglichen Kaufzeitpunkt oder Verkaufszeitpunkt angibt. Man sieht dabei schon, dass die Trefferquote der Bollinger Bänder nicht bei 100% liegt.

Bewegt sich der Kurs der zugrundeliegenden Aktie allerdings lediglich um den gleitenden Durchschnitt herum, lässt sich momentan nicht sagen in welche Richtung sich der Kurs bewegen wird.

Eine Ausdehnung oder Verengung der Bänder

Während das Durchbrechen der Bollinger Bänder einem Händler eine Indikation darüber gibt in welche Richtung sich der Kurs der Aktie bewegen könnte, gibt der Abstand des oberen zum unteren Band Informationen darüber mit welchen Instrumenten man im Moment lieber handeln sollte.

Natürlich kann man die Informationen aus den Bollinger Bändern immer mithilfe von Aktien handeln aber insbesondere Optionshändler können anhand der Bänder ihre Strategie auch noch weiter verfeinern.

Wie oben bereits erwähnt, bedeutet eine Verengung der Bänder nämlich, dass die historische Volatilität abgenommen hat und eine Ausdehnung der Bänder, dass die Volatilität zugenommen hat.

Der Tageschart von Disney mit Bollinger Bändern. Die Bereiche in denen die Bänder enger oder weiter sind, habe ich hervorgehoben.

Diese Information können Optionshändler für sich nutzen, denn eine Faustregel im Optionshandel ist es Optionen dann zu kaufen, wenn die Volatilität niedrig ist und sie zu verkaufen, wenn die Volatilität hoch ist.

Daraus ergeben sich folgende vier Szenarien:

Oberes Band
wird durchbrochen
Unteres Band
wird durchbrochen
Bollinger Bänder
sind sehr eng
Kauf von Put OptionenKauf von Call Optionen
Bollinger Bänder
sind sehr breit
Verkauf von Call OptionenVerkauf von Put Optionen
Die Tabelle zeigt welche Optionsstrategie sinnvoll wäre je nachdem wie breit oder eng die Bollinger Bänder momentan sind.

Schauen wir uns das an einem Beispiel an. Wenn das obere Band durchbrochen wurde, ist davon auszugehen, dass sich der Kurs in den nächsten Tagen sehr wahrscheinlich wieder verringern wird. Wir wollen daran partizipieren, indem wir auf fallende Kurse setzen.

Da die Bänder momentan aber sehr eng sind, ist die historische Volatilität auch sehr gering, sodass es eher empfehlenswert ist Optionen zu verkaufen, um von einem möglichen Anstieg der Vola auf ein normales Niveau zusätzlich zu partizipieren.

Der Tageschart von Disney mit Bollinger Bändern. Diesmal hervorgehoben wann gute Zeitpunkte für den Kauf oder Verkauf von Call Optionen sind.

Wir wollen in diesem Fall also auf fallende Kurse setzen und wir möchten Optionen kaufen, sodass die daraus folgende Strategie der Kauf von Put Optionen wäre.

Dieselbe Logik lässt sich auch auf die anderen drei Szenarien anwenden. 

Ich möchte an dieser Stelle aber auf zwei wichtige Dinge hinweisen. Wie jeder Indikator geben auch die Bollinger Bänder nur ein Indiz darauf in welche Richtung sich der Kurs bewegen könnte. Bevor ihr also aufgrund eines Ausbruchs wild los handelt, solltet ihr immer noch weitere Analysen durchführen, um euch abzusichern.

Insbesondere wenn ihr noch kein oder nur wenig Wissen über Optionen habt, solltet ihr extrem vorsichtig vorgehen, da man mit Optionen auch mehr verlieren kann, als man eingesetzt hat, wie ich ausführlich in diesem Artikel erkläre. Übrigens alle Grundlagen zum Thema Optionen könnt ihr in diesem Artikel von mir finden wenn euch das Thema interessiert.

Der zweite wichtige Hinweis ist, dass die Bollinger Bänder lediglich die historische Volatilität abbilden aber für die Preisbildung von Optionen nur die implizite Volatilität relevant ist. Es gibt zwar einen Zusammenhang zwischen den beiden Vola-Arten, aber ihr solltet neben der Breite der Bänder auch immer die implizite Volatilität der Aktie mit betrachten.

Mehr über den Unterschied von historischer Volatilität und impliziter Volatilität habe ich in diesem Artikel zusammengefasst und wenn ihr andere Methoden lernen wollt, um herauszufinden, ob die aktuelle Volatilität gerade hoch oder niedrig ist, dann solltet ihr euch diesen Artikel von mir durchlesen.

Eine Kursbewegung entlang der Bänder

Ein Durchbruch der Bollinger Bänder muss nicht immer wie oben beschrieben zu einer Umkehr des Kursverlaufes führen. Es gibt nämlich auch ein Szenario, bei dem der Kurs an einer Seite des Bandes ausbricht und sich dann weiter entlang der jeweiligen Bandseite bewegt.

So ein Szenario tritt in der Regel ein, wenn sich eine Aktie in einem sehr deutlichen Aufwärts- oder Abwärtstrend befindet.

Während eines Aufwärtstrends durchbricht der Aktienkurs also das obere Bollinger Band, geht danach wieder leicht zurück, um anschließend weiter entlang des oberen Bandes zu verlaufen. So ein Szenario ist ein starkes Indiz für einen starken Aufwärtstrend.

Der Tageschart von Coinbase. Diesmal hervorgehoben ist der Bereich indem der Kurs sich entlang des oberen Bands bewegt. Ein Zeichen für einen sehr eindeutigen Aufwärtstrend.

Ähnlich sieht es bei einem Ausbruch nach unten aus. Wird das untere Band durchbrochen und der Kurs verläuft weiterhin entlang des unteren Bandes, anstatt wieder nach oben zu gehen, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Aktie momentan in einem starken Abwärtstrend bewegt.

Übrigens könnt ihr nicht nur durch Trendindikatoren eure Gesamtrendite positiv beeinflussen sondern auch der Monat, in dem ihr investiert, hat einen entscheidenden Einfluss auf eure Rendite. Welcher Monat der beste und welcher der schlechteste zum (ver)kaufen ist, könnt ihr in diesem Artikel von mir nachlesen.

Probleme mit den Bollinger Bänder

Die Bollinger Bänder können sehr hilfreich sein, um einen Trend im Aktienverlauf abzulesen allerdings sind sie auch alles andere als perfekt.

Wie oben bereits erwähnt, sind nämlich viele Grundannahmen bei diesem Indikator grundsätzlich falsch. So wird zum Beispiel davon ausgegangen, dass die Kurse einer Aktie einer mathematischen Normalverteilung folgen, was aber schon mehrfach widerlegt wurde.

Entsprechend ist die daraus folgende Schlussfolgerung, dass 95% aller Kursbewegungen innerhalb der Bollinger Bänder liegen sollte, auch falsch.

Auch die Tatsache, dass man lediglich 20 Zeiteinheiten betrachtet, ist statistisch gesehen eher problematisch zu betrachten, da man einfach zu wenig Datenpunkte hat, um wirklich verlässliche Aussagen über die Volatilität zu treffen.

Eine längere Zeiteinheit würde den Indikator aber zu langsam werden lassen, sodass er erst zu spät auf aktuelle Kursänderungen reagieren würde.

Wissenschaftlich konnte in diversen Untersuchungen auch gezeigt werden, dass der Indikator im Vergleich zum klassischen Buy-And-Hold keine Überrendite liefern kann, weswegen es eigentlich einfacher wäre immer investiert zu bleiben anstatt bei bestimmten Signalen zu kaufen oder zu verkaufen.

Selbst der Erfinder John Bollinger hat schon bei Veröffentlichung des Indikators darauf hingewiesen, dass ein Durchbrechen der Bänder eigentlich kein wichtiges Ereignis sei. 

Trotz all dieser Fehler haben sich die Bollinger Bänder aber als gängige Analysemethode in der Praxis etabliert. Deswegen kann es also nicht schaden, immer wieder einen Blick darauf zu werfen, um zu erkennen, was andere Marktteilnehmer evtl. unternehmen werden.

Wo kann man sich die Bollinger Bänder für einzelne Aktien ansehen?

Wenn ihr zukünftig die Bollinger Bänder für eure eigenen Analysen nutzen wollt, benötigt ihr ein professionelles Chartprogramm dafür. Ich nutze dafür TradingView und kann es euch auch nur empfehlen. 

Das Programm kostet zwar 15 EUR im Monat, aber es ist sein Geld wirklich wert. Solltet ihr euch auch für das Programm entscheiden, dann könnt ihr das gern über diesen Link machen. Dann bekommst du und ich zwei Monate geschenkt. Zusammen mit der 30 Tage Probezeit sind das schon 3 Monate gratis für euch.

Die Bollinger Bänder lassen sich in TradingView über den „Indikator & Strategie“ Button hinzufügen. Wenn sich das neue Fenster öffnet, such ihr dann nach „Bollinger Bands“ und der Indikator taucht dann unter dem Namen „Bollinger Bands“ auf. Einmal draufklicken und schon seht ihr die Bänder in eurem regulären Kurschart. 

Robby

Hi, ich bin Robby und Gründer dieses Blogs. Ich beschäftige mich schon seit 2006 mit dem Aktienmarkt. Zuerst als Privatanleger, dann von der theoretischen Seite im Studium und seit 2015 professionell bei einem der größten deutschen Asset Manager. Ich hoffe ich kann mithilfe dieses Blogs ein wenig von meiner Erfahrung mit euch teilen.

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