Wann sollte man eine Option rollen?


Es ist sicherlich jedem von euch schon einmal passiert. Ihr habt eine Option entweder gekauft oder verkauft und nach einigen Wochen wisst ihr nicht, ob ihr die Option wieder verkaufen bzw. zurückkaufen solltet. Dabei gibt es aber auch noch eine dritte Option über die aber nur wenig gesprochen wird und das ist es die Option zu rollen. Was das ist und vor allem wann man eine Option rollen sollte, erkläre ich euch in diesem Artikel.

Das Rollen einer Option ist besonders dann sinnvoll, wenn sich die eigene Marktmeinung über die Kursrichtung des Underlyings nicht geändert hat. Durch das Rollen von ITM Optionen, kann man seine bisherigen Gewinne absichern und von OTM Optionen seine Verluste begrenzen.

Es macht somit immer dann Sinn seine Optionen zu rollen, wenn man zum Zeitpunkt des Rollens weiterhin dieselbe Marktmeinung hat, wie man sie beim ursprünglichen Kauf oder Verkauf der Option hatte. Rollt man seine Optionen in solchen Situationen, kann man seine Gewinne sichern und seine Verluste reduzieren.

Ich werde euch gleich noch im Detail erklären, wieso das so ist und woran ihr erkennen könnt, ob man eine Option rollen sollte, aber ich möchte vorher noch auf zwei Dinge hinweisen.

Dieser Artikel konzentriert sich primär auf das Rollen von Optionen und nicht von Optionsscheinen (denkt daran: Optionsscheine sind keine Optionen) allerdings ist das Prinzip bei Optionsscheinen absolut identisch. Mit Optionsscheinen lassen sich lediglich keine Short Positionen von Optionen rollen, da dies nur mit Optionen funktioniert.

Ich habe das Rollen von Short Positionen deswegen extra in einen eigenen Abschnitt gepackt, damit der Artikel auch für alle Käufer von Optionsscheinen hilfreich ist.

Außerdem auch noch der Hinweis, dass ich in diesem Artikel nur das Rollen von einfachen Optionspositionen (d.h. Naked Put und Naked Call) erklären werde. Das Rollen von komplexeren Handelsstrategien ist jeweils immer einen eignen Artikel wert und würde nur den Rahmen dieses Artikels sprengen. Für die meisten von euch, sollte das aber keine Rolle spielen, da der normale Privatanleger ohnehin fast nur naked Optionen und Optionsscheine kauft.

Wenn ihr darüber hinaus gern allgemein mehr darüber erfahren wollt, wie lange man seine Optionen eigentlich halten sollte, dann könnt ihr das in diesem Artikel von mir nachlesen.

Wie rollt man eine Option?

Wie immer sollten wir zuerst mit den Grundlagen beginnen. Bevor wir also darüber reden, wann eine Option gerollt werden sollte, möchte ich gern kurz noch einmal erklären, wie man eine Option überhaupt rollt.

Das Rollen einer Option bedeutet, dass ein Händler seine bestehende Call- oder Putposition zu einer anderen Call- oder Putposition desselben Underlyings verändert. Dafür stellt er seine bestehende Position glatt und geht dieselbe Optionsposition allerdings mit einem anderen Strike oder einer anderen Laufzeit ein. 

D.h. wenn ihr Käufer einer Apple Call Option mit Strike 180 USD und Laufzeit von 3 Monaten seid, dann rollt ihr diese Position, indem ihr die Position verkauft und stattdessen eine andere Apple Option kauft.

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Ihr rollt die Option dabei nach oben (roll up), wenn ihr die ursprüngliche Option verkauft und stattdessen eine Apple Option mit gleicher Laufzeit und einem höheren Strike kauft (z.B. 190 USD) und ihr rollt die Option nach unten (roll down), wenn ihr die ursprüngliche Option verkauft und stattdessen eine Apple Option mit gleicher Laufzeit und einem niedrigeren Strike kauft (z.B. 170 USD).

Kauft ihr in diesem Beispiel allerdings eine neue Apple Option mit demselben Strike aber einer längeren Laufzeit (z.B. 5 Monate), dann spricht man von einem vorwärts rollen (roll forward).

Warum und wann sollte man Optionen rollen?

Im Wesentlichen gibt es nur drei Gründe, warum man eine Option rollt: Um seine Gewinne einzulocken, um seine Verluste zu reduzieren und um eine Ausübung zu vermeiden. Wichtig ist dabei jedoch, dass man Optionen nur dann rollen sollte, wenn man weiterhin dieselbe Marktmeinung wie zu Beginn des Trades hat.

Sollte sich also eure Marktmeinung nach dem Kauf oder Verkauf der ersten Option geändert haben, solltet ihr eure Option lieber vorzeitig glattstellen und stattdessen einen Trade eingehen, der besser zu eurer neuen Marktmeinung passt. 

Es ist dabei immer besser (also immer dann, wenn sich eure Marktmeinung geändert hat), seine Option vorzeitig zu verkaufen, anstatt sie bis zum Laufzeitende zu halten, da ihr aufgrund des Zeitwerts während der Laufzeit der Option eure Verluste dadurch minimieren könnt.

Sollte euch das nicht auf Anhieb klar sein, empfehle ich euch meine Artikel „Wann ist die Ausübung einer Option sinnvoll“ und „Wann ist der Zeitwert einer Option am höchsten“, indem ich genau erkläre, warum es in der Regel nie Sinn macht seine Optionen oder Optionsscheine bis Laufzeitende zu halten.

1. Um eine Ausübung zu vermeiden

Fangen wir aber mit dem einfachsten Grund an, warum man eine Option rollen sollte und das ist, wenn ihr eine Ausübung vermeiden wollt. 

Dieser Punkt ist schnell erklärt. Immer dann, wenn ihr weiterhin dieselbe Marktmeinung habt (z.B. der Aktienkurs wird steigen) aber der Markt sich noch nicht in die von euch gedachte Richtung bewegt hat, dann kann es passieren, dass eure Option im Geld landet und sie bei Laufzeitende evtl. ausgeübt wird.

Wenn ihr das verhindern wollt, könnt ihr einfach eure Option nach vorn rollen und die aktuelle Option glattstellen und stattdessen eine neue Option mit längerer Laufzeit aber gleichem Strike verkaufen. Ich schreibe hier bewusst verkaufen, da das Ausübungsrisiko nur für Short Positionen besteht. 

Solltet ihr zu Beginn eine Option gekauft haben, besteht für euch nie ein Ausübungsrisiko, da ihr schließlich die Vertragspartei seid, die die Option ausüben darf.

2. Um Gewinne einzulocken

Ein weiterer Grund, um Optionen zu rollen, ist das Einlocken von Gewinnen. Damit meine ich, dass ihr mit eurem ursprünglichen Trade zum Beispiel schon 1.000 € Gewinn gemacht habt und ihr durch das Rollen der Optionen zum Beispiel 800 € des Gesamtgewinns schon vorzeitig vereinnahmt und den Trade dann nach vorn oder nach oben rollt, um weiterhin Gewinn machen zu können.

Schauen wir uns das Ganze aber an einem Beispiel an, damit es klarer für euch wird. Ich habe das Beispiel dabei bewusst etwas extremer gewählt, damit das Prinzip für euch deutlicher wird. Dennoch sind alle angegeben Zahlen und Preise auch genauso am Markt gehandelt worden.

Stellt euch vor ihr hättet im Oktober 2020 eine Call Option auf Snapchat mit Strike 40 USD und Laufzeit bis Januar 2021 gekauft. Zu diesem Zeitpunkt war der Kurs der Aktie bei rund 28 USD und somit extrem weit unter dem Strike der Option. Entsprechend hat die Option lediglich 50 USD gekostet.

Bis Januar 2021 stieg der Wert der Aktie allerdings dramatisch an auf bis zu 56 USD, sodass der Wert der Option von ursprünglich 50 USD auf 1.300 USD anstieg.

Der Tageschart von Snapchat. Hervorgehoben wann die Option gekauft und gerollt wurde.

Wenn sich zu diesem Zeitpunkt eure Marktmeinung nicht geändert hat und ihr weiterhin von steigenden Kursen bei Snapchat ausgegangen seid, dann hättet ihr durch das Rollen der Option eure Gewinne frühzeitig einlocken können und weiterhin am Kursanstieg von Snapchat partizipiert.

Dafür hättet ihr nur die Option für 1.300 USD verkaufen müssen (vorläufig eingelockter Gewinn ist 1.300 USD – 50 USD = 1.250 USD) und anstatt der Januar 2021 Call Option mit Strike von 40 USD einen neuen Januar 2021 Call mit Strike von 55 USD kaufen müssen.

Dieser kostete zu diesem Zeitpunkt circa 180 USD. Ihr hättet somit insgesamt einen Gewinn von 1.250 USD – 180 USD = 1.070 USD vorzeitig eingelockt und ihr hättet gleichzeitig noch am weiteren Kursanstieg von Snapchat partizipiert.

Alternativ hättet ihr aber auch die Option gleichzeitig auch nach vorn rollen können. Anstatt des Januar 2021 Calls mit Strike von 55 USD hättet ihr auch den Juni 2021 Call mit Strike von 60 USD kaufen können. Dieser kostete zu dem Zeitpunkt circa 680 USD, sodass euer gesamter eingelockter Gewinn 1.250 USD – 680 USD = 570 USD gewesen wäre.

Damit hättet ihr zwar viel von eurem Gewinn abgeben müssen, aber ihr hättet die Laufzeit des Trades auch deutlich verlängert. Bis Juni 2021 ist die Aktie von Snapchat auf über 73 USD gestiegen und selbst bei Laufzeitende lag sie weiterhin bei circa 69 USD und somit deutlich im Geld.

Wie ihr seht, kann man durch das Rollen von Gewinnen also seine Gewinne leicht einlocken und damit auch sein Risiko reduzieren. Das Wichtigste ist dabei aber immer, dass ihr weiterhin dieselbe Marktmeinung habt. Wenn ihr der Meinung wart, dass die Aktie von Snapchat nicht weiter steigen wird, dann macht es auch keinen Sinn die Option nach vorn oder nach oben zu rollen, wenn ihr eigentlich denkt, dass die Aktie fallen sollte.

In so einem Fall solltet ihr die Option einfach glattstellen und euch über euren Gesamtgewinn freuen.

3. Um Verluste zu reduzieren

Wenn ihr das obere Prinzip verstanden habt, dann fällt es euch sicherlich auch leicht zu verstehen, warum man durch das Rollen von Optionen seine Verluste reduzieren kann. Schauen wir uns das Ganze aber ebenfalls an einem Beispiel an.

Stellt euch wieder vor ihr habt im Oktober 2020 einen Call auf Microsoft mit Laufzeitende Januar 2021 und einem Strike von 230 USD gekauft. Zum Kaufzeitpunkt lag die Aktie bei circa 220 USD, weswegen der Call circa 400 USD gekostet hat. 

Gegen Mitte Januar 2021 ist die Aktie zwar auf circa 230 USD gestiegen aber aufgrund des Zeitwertverfalls ist die Option im selben Zeitraum auf circa 270 USD gefallen.

Der Tageschart von Microsoft. Hervorgehoben wann die Option gekauft und gerollt wurde.

D.h. eure ursprüngliche Marktmeinung (die Aktie wird steigen) war richtig, aber ihr habt damit dennoch einen Verlust von 400 USD – 270 USD = 130 USD gemacht.

Wenn ihr weiterhin dieselbe Marktmeinung habt, könnt ihr durch das Rollen der Option eure Verluste reduzieren und evtl. sogar in den Gewinnbereich bewegen.

Ihr hättet zum Beispiel eure Option einen Monat nach vorn rollen können, indem ihr eure aktuelle Option im Januar für 270 USD verkauft (vorläufiger Verlust von 130 USD) und stattdessen eine neue Call Option mit Strike 230 USD und Laufzeit bis Februar 2021 kauft.

Diese hatte zu diesem Zeitpunkt einen Preis von circa 715 USD, sodass ihr insgesamt 715 USD – 270 USD = 445 USD für die Option bezahlt hättet.

Bis Laufzeitende ist die Aktie auf circa 245 USD gestiegen, sodass die Option zu diesem Zeitpunkt einen Wert von circa 500 USD hatte bzw. ihr einen Gewinn mit der gerollten Option von 55 USD gemacht hättet. Das ist aber nicht der absolute Gewinn, weil wir noch den Verlust der ursprünglichen Option mit einberechnen müssen.

Schauen wir uns also einmal an, wie ihr mit und ohne rollen abgeschnitten hättet.

Ohne rollen hättet ihr einen Verlust von 400 USD (ursprünglicher Kaufpreis) gehabt, wenn ihr die Option bis Laufzeitende gehalten hättet.

Mit rollen habt ihr insgesamt Ausgaben für den Kauf der beiden Optionen von 1.115 USD (400 USD + 715 USD) gehabt und ihr hättet Einnahmen durch den Verkauf der Option von 770 USD (270 USD + 500 USD) gehabt. Euer Verlust ist somit 345 USD.

Ihr konntet durch das Rollen somit euren Verlust reduzieren. Wichtig dabei ist nur gewesen, dass sich eure Marktmeinung zum Zeitpunkt des Rollens nicht geändert hat und ihr weiterhin davon überzeugt wart, dass der Aktienkurs von Microsoft steigen wird.

Wenn euch die oberen Beispiele zu allgemein waren, dann habe ich in diesem Artikel auch noch einmal genau erklärt, wie ich eine Long Call Position rolle je nachdem ob sie im Gewinn oder Verlust ist. Lest euch den Artikel unbedingt durch, wenn ihr mehr über das Thema lernen wollt. Gerade beim nach unten rollen gibt es so viel Potential Verluste zu reduzieren, weswegen sich jeder Optionshändler einmal mit dem Thema beschäftigen sollte.

Das Rollen von Short Positionen

In den oberen Beispielen habe ich lediglich über das Rollen von Long Positionen gesprochen, allerdings ist das Prinzip bei Short Positionen identisch. Des einen Gewinn ist des anderen Verlust. D.h. wenn es in den Beispielen darum ging die Gewinne einzulocken oder die Verluste zu reduzieren, dann ist für den Verkäufer einer Option die Situation genau andersherum.

Allgemein kann man also sagen, dass wenn sich die Option bei Beginn des Trades am Geld (ATM) befindet folgende Vorteile beim Rollen ergeben können:

Long /ShortOption bewegt sich ins Geld hinein (ITM)Option bewegt sich aus dem Geld heraus (OTM)
LongGewinne einlockenVerluste reduzieren
ShortVerluste reduzierenGewinne einlocken
Die Tabelle zeigt die Vorteile vom Rollen einer Option je nachdem ob sich eine ursprünglich ATM Option ins Geld (ITM) oder aus dem Geld (OTM) bewegt.

Solltet ihr mit den Begriffen Im Geld (ITM), Am Geld (ATM) und Aus dem Geld (OTM) nichts anfangen können, dann empfehle ich euch meinen Beginners Guide für Optionen. Dort erkläre ich euch diese Begriffe ganz genau und auch alle anderen Grundlagen, die ihr für den Optionshandel benötigt.

Robby

Hi, ich bin Robby und Gründer dieses Blogs. Ich beschäftige mich schon seit 2006 mit dem Aktienmarkt. Zuerst als Privatanleger, dann von der theoretischen Seite im Studium und seit 2015 professionell bei einem der größten deutschen Asset Manager. Ich hoffe ich kann mithilfe dieses Blogs ein wenig von meiner Erfahrung mit euch teilen.

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